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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet
34. Jahrg. Monat Juni. 1907.
I. Abteilung.
Historisches und Experimentelles.
Ueber die Fortdauer nach dem Tode-
Von Hofrat Prof. a. D. Max Meiling1 (Pasing).*)
(Mit dem Bildnis, des Verfassers.)
Um die Zeit des Osterfestes, des Gedenktages der
Auferstehung Christi, liegt es nahe, die Frage unserer
Fortdauer nach dem Tode zu erörtern. Freilich, jenes
wunderbare Ereignis als Stütze für den Unsterblichkeitsglauben
in Anspruch nehmen zu wollen, wäre in unserer
Zeit kein kleines Wagnis, nachdem selbst Theologen nicht
nur an der Göttlichkeit, sondern sogar an der Existenz
Christi zu zweifeln begonnen haben. Viel leichter ist es,
jenen entgegenzutreten, die da glauben, dass die in Rede
stehende Frage schon längst durch die sog. „naturwissenschaftliche
Weltanschauung" in negativem Sinne entschieden
worden sei. Eine solche, d. h. ein allen Naturforschern
gemeinsames Bekenntnis, gibt es nämlich heute so wenig
wie zu Zeiten Goethe's, der die Phrase von der allgemeinen
Uebereinstimmung der Naturforscher als das „schrecklichste,
was man hören inuss" bezeichnet hat. Es genügt, zu bemerken
, dass z. JB. fVallace, der von Preyer ein „dem grossen
Daiwin kongenialer" Naturforscher genannt wird, sogar
*) Erschienen im „Sammler", B. B. zur „Augsb. Abendzeit*
Nr. 88 vom 28. IIJ. er. — Wir glauben unseren Lesern eine besondere
Freude zu bereiten, indem wir diesem Hefte das nach einer
Originalradierung hergestellte Bild des Charakterkopfs unseres hochverdienten
Herrn Mitarbeiters beigeben. — Eed.
Psycliisohe Studien. Juni 1907. 22
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