Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
36. Jahrgang.1909
Seite: 211
(PDF, 214 MB)
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Kaindl: Eine Unterredung mit einem kurz vorher Verstorbenen. 211

Im ganzen genommen glaube ich daher, daß auch
eine völlig unparteiische Kritik, ungeachtet der sehr
natürlichen und glaubhaften Bedenken des Herrn P.,
schließlich zu der Ansicht neigen wird, es könne dem
Manne, welcher mit einem lebhaften, aber unerfüllten Verlangen
gestorben war, gelungen sein, diesen seinen Wunsch
nach einer letzten Unterredung mit Herrn P., entweder
durch Telepathie oder durch Objektivierung, zu einer vollendeten
Tatsache zu machen. Wiewohl dem Zweifel
Raum gelassen ist, scheint doch die Schwierigkeit der
andern (auf den ersten Anschein näherliegenden) Theorie
einer Personenverwechslung sogar noch größer zu sein. —

Es gibt, wie ich mich erinnere, einen wohl beglaubigten
Fall, wo ein Mann bei hellem Tage im Gespräche mit
seinem Vater, der schon einige Jahre tot gewesen war,
eine ganze Straße entlang wandelte. Der Person, welcher
dieses widerfuhr, bemächtigte sich erst nachträglich eine
Bestürzung infolge der ungewöhnlichen Natur der Erscheinung
; während sie sich zutrug, war sie ihr vollkommen
natürlich und alltäglich vorgekommen. Und ebenso scheint
es mit Herrn P. der Fall gewesen zu sein, dessen fortwährende
Bedenken in betreff der Wahrheit seiner eigenen
seltsamen Erfahrung sich auf diese Weise am ungezwungensten
erklären lassen. „Wenn ich geahnt hätte, mit
einem Verstorbenen zusprechen, so würde ich ihn ersucht
haben, mir als Andenken sein Taschentuch zu überlassen."
Diese Bemerkung P/s, die er mir gegenüber machte, zeigt
sehr deutlich, welche Verwirrung diese merkwürdige Erfahrung
in dem nüchternen Geist eines praktischen Mannes
hervorgerufen hat.

Das gänzliche Fehlen des Bewußtseins von einem
Blendwerk, des unheimlichen Gefühls oder der spukhaften
Begleiterscheinungen, wie sie den herkömmlichen Gespenstergeschichten
eigen zu sein pflegen, machen mich
geneigt, dieses als einen Fall von „veridiker" (sich bewahrheitender
) Halluzination zu betrachten, wobei wir (falls wir
zu einer solchen Schlußfolgerung prädisponiert sind) den intensiven
Willen des Verstorbenen als das Bestimmende
und das Bewußtsein des Perzipienten als rein passiv anzusehen
haben. Oder wir können auch annehmen, daß der die
Halluzination erzeugende Impuls von H. im Moment seines
Todes ausging, im selben Augenblick von der Seele des
Perzipienten unterbewußt empfunden wurde und sich
ihm zur Zeit der vermeintlichen Unterredung auf der
Brücke symbolisch darstellte. Die Tatsache, daß der
Mann nach der gehabten Besprechung wieder weiter ging,

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