http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1909/0238
234 Psychische Studien. XXXVI. Jahrg. 4. Heft. (April 1909.)
In der Natur ist nur Äußeres, Wirkung. Die Naturkunde
kann sich nur mit den Metamorphosen der
Kraft befassen, wie die Chemie mit den Verwandlungen
der Stoffe. In der Seele ist nur Inneres, ist alles Wirken;
sie ist weder Stoff noch Form. Die Seele ist eine ätherische
Substanz.
Die Aetherhypothese erklärt die Erscheinungen des
Lichts, der Wärme, des Magnetismus und der Elektrizität
aus den Bewegungen des Aethers und aus ihrer Wechselwirkung
desselben mit den materiellen Atomen. Ohne
ihn und seine Verbindung mit der atmosphärischen Dunsthülle
gibt es keine Erscheinungswelt.
Laselle, der große englische Astronom, beschreibt
Nebelflecke, die wie ein Schleier von der feinsten Gaze
seien; Herschel sprach aus, daß diese feinen Nebelgazen-
schleier die Begriffe der Menschen übersteigen; und je höher
wir steigen, desto unbegreiflicher, der Natur-Erkenntnis nicht
mehr zugänglich, wird das Wesen der Seele.
Wie der Aether ein ungemein feines Medium ist, unvorstellbar
dem Menschen, ebenso das ätherische Fluidum,
die Seele. Dieses steht mit materiellen Atomen in derselben
Wechselwirkung wie die Aetherbewegungen; wie
Sonne und Erde in der lebhaftesten Wechselwirkung stehen
und Licht, Wärme, Magnetismus und Elektrizität austauschen
, so findet sich auch eine Erklärung für die Unsterblichkeit
der Seele und ihr Erscheinen nach dem
T o d e.
Dieselben Kategorien und Gesetze, wie in der Natur,
treten auch in der Seele auf nur mit dem Unterschiede,
daß sie mit einer verschiedenen Größe der Kraft wirken,
jener Kraft, die keiner Vernichtung anheimfallen kann.
Daß die Naturforscher — die größten unter ihnen
zählen zu den Ausnahmen! — der Erkenntnis des Geistigen
lieber aus dem Wege gehen, als daß sie sie suchen , hängt
mit ihrer bereits zur Autorität emporgeschwungenen Persönlichkeit
zusammen. Der Lehrapparat ihrer gewohnten
Schulanschauung hindert die Mehrzahl, Wahrheiten nachzuforschen
, die mit den systematisch aufgenommenen
Doktrinen in grellsten Widerspruch zu stehen kämen.---
Seit vielen Jahren selbst mit Natur- und Geistesphilosophie
beschäftigt, versuchte ich immer tiefer in das
Wesen der Stimme und Sprache einzudringen und damit
in das Innenleben, das sich vod der physischen Existenz
trennt. Ich gedachte immer mehr der Worte Stein-
thaPs, des großen Verehrers W. von HumboldtV. „ Indem
Sprache wird, wird Geist". Und definiert nicht v. Humboldt
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1909/0238