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28 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1912.)
Dinge, welche sie hervorbringen und zu sehen scheinen,
dürften, falls sie das ganze Gesichtsfeld für sich in Anspruch
nehmen, d. h. wenn das Subjekt für seine wirkliche
Umgebung blind ist (oder wenigstens sie bewußt unbeachtet
läßt), in des Wortes eigentlicher Bedeutung lebhafte Vorstellungsgebilde
oder Halluzinationen sein. Die Visionen
wären demnach als lebhafte Träume zu betrachten. Doch
scheint bei den Experimenten des Dr. Gibbotteau mit Mme.
R. („Proceedings", Bd. VIII, S. 468) ein bemerkenswerter
Grad von wirklicher oder scheinbarer Objektivierung erzielt
worden zu sein.
Und nun läßt sich auch der Einwand begreifen, den
man gerne vorbringt, daß, falls man die Veräußerlichung
posthypnotischer positiver Suggestionen als das Resultat
einer dem subliminalen Geiste eigentümlichen Gestaltungskraft
zu betrachten hat, man alsdann gezwungen ist, anzunehmen
, daß posthypnotische negative Suggestionen, falls
sie sich als wirksam erweisen, eine Dematerialisation des
Gegenstandes, den wahrzunehmen das Subjekt unfähig ist,
in sich schließen. Ein wenig Nachdenken wird jedoch
zeigen, daß sowohl die Analogie, wie der Schluß bloß auf
Oberflächlichkeit beruhen; denn das Vermögen, die bewußte
Wahrnehmung eines bestimmten Objektes rm verhindern,
welches dem subliminalen Geiste bekanntermaßen eigen ist,
gehört notwendigerweise nicht zur selben Kategorie, wie
jenes, in der Umgebung ein Phantasma zu materialisieren,
und tatsächlich hat sich in einigen Fällen die erfolgreiche
Funktion dieses Vermögens davon abhängig gezeigt, daß
brachte eine verbessert? Stelle gerade auf dem Punkte des unbeschriebenen
Papierbogens an, wohin sie im Manuskript gekommen
sein würde." — Derartige Fälle von Somnambulismus sind besonders
geeignet, uns erkennen zu lassen , daß die sonst so rätselhaften
Bpukvorgänge zumeist nichts anderes sind, als exteriorisierte
Träume., wobei die an der (der Traumbühne entsprechenden) wirklichen
Örtlichkeit veräußerlichte und sich dort betätigende Traum-
phantase ihre imaginären Gebilde nicht nur in sie hin ein verlegt,
sondern auch mit Hilfe der ideoplastischen Kraft der Psyche mit
mehr oder weniger Konsistenz verkörpert Obgleich wir den Nachtwandler
wahrnehmend, sprechend und handelnd in realer Umgebung
erblicken, befindet er sich doch nur inmitten seiner Traumwelt und
spielt die Rolle, die seine Traumphantasie ihm zuteilt. Im objektivierten
Traum des Schlafwandlers sehen wir zur Darstellung seiner
Traumpersönlichkeit dessen physische Person benützt, während im
exteriorisierten Traum des Ekstatikers dessen Traumpersönlichkeit
gleich allen übrigen realisierten Traumbestandteilen als das Produkt
der außerhalb seines Körpers wirksamen psychischen Gestaltungskraft
angesehen werden muß. In diesem Lichte betrachtet,
verliert das Phänomen des öpukes das Absurde und Widersinnige,
das ihm sonst anhaftet. D. TL
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