Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
39. Jahrgang.1912
Seite: 177
(PDF, 204 MB)
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Härlin: Dichter, Arzt und Geisterseher. 177

War' ich nie aus euch gegangen,
Wälder, hehr und wunderbar,
Hieltet liebend mich umfangen,
Doch so lange, lange Jahr\

Und Wohnungsverdruß hatte er obendrein. Da entschloß
er sich, sein eigen Heim zu erbauen. Unter der Weibertreu
baute er's, die er vor dem Verfall rettete und zu
einer freundlichen Anlage umgestaltete; und seit er 1822
hier eingezogen war, genoß er den Sonnenschein reinen
Lebensglückes. Kerner und sein Weinsberg wuchsen unzertrennlich
zusammen, und verharrte der Arzt und
« Diehtersmann treu und geruhig auf seiner Scholle, so
wurden es bald mehr und immer mehr, die ihn in dem
lieblichen Städtchen aufsuchten.

Der Arzt und Naturforscher hatte den Dichter nie in
die Enge getrieben. Leicht und frisch sprudelte sein Dichterquell
sein ganzes Leben lang. Es ist diese Leichtigkeit, diese
blutwarme Natürlichkeit, die den unversieglichen Reiz seiner
Lyrik ausmacht. Unbedeutendes findet sich wohl ; Gesuchtes
oder Gequältes, Raffiniertes oder Ungesundes findet
sich nicht bei ihm. Er hat den glücklichen Volksliedton,
den die Schwaben so prächtig zu meistern wußten. Er hat
die lyrische Melodie, die echte lyrische Linie, die innige
Naturanschauung, Gefühjstiefe und sinnige Bedachtsamkeit
in sich vereint. Einer Perle aus der griechischen Anthologie
gleicht der köstliche Vierzeiler:

Morgenrot, das herrlich rings den Himmel hellt,
Ach! Du bist nnr Bote, daß heut Eegen fällt!
Oft bringt, was entzücket, Tränen nur und Not,
Tausend Menschenfreuden sind ein Morgenrot.

Zu einer der „Kleeksographien", die er spielend aus
Tintenklecksen zu gestalten liebte, schrieb er die schönen Verse:

Aus Tintenflecken ganz gering
Entstand der schöne Schmetterling.
Zu solcher Wandlung ich empfehle
Gott meine flecken volle Seele.

Er war nicht frei von einer Hinneigung zum Dunklen, ja
Grausigen, aber echt schwäbischer Humor und unversieg-
liche Liebenswürdigkeit hielten das Gleichgewicht.. Und
diese Liebenswürdigkeit des Mannes war es auch, die von
weit und nah die Menschen zu ihm heranzog. Das Kernerhaus
ward zur Wallfahrtsstätte. Schön sagt sein Freund
David Friedrich Strauß: „Der Reisende glaubt nicht
in Schwaben gewesen zu sein, wenn er nicht das Kerner'sehe
Haus besuchte; hatte er es aber einmal besucht, so kam er
womöglich wieder, oder schickte andere, die er durch seine


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