Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
39. Jahrgang.1912
Seite: 219
(PDF, 204 MB)
Bibliographische Information
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Kaindl: Gespenstergeschichte aus der französischen Revolution. 219

schichte der vergangenen Nacht. Ein kleiner Wagen hält in
unserer Nähe an, eine Frauensperson steigt aus, stößt einen
Schrei aus und sinkt ohnmächtig vor meinen Füßen nieder.
Nachdem sie wieder zu sich gekommen war, sagte sie mir,
ich sey ihr verwichene Nacht im Traume erschienen, gerade
so gekleidet, wie ich jetzo sey; ich hätte sie aufgefordert,
zu mir nach der Mühle zu kommen, mit dem Versprechen,
ihr anzugeben, wo sie die fehlenden Papiere finden würde,
ich berichtete ihr meine Unterredung („entrevue") mit
ihrem Bruder; sie bekannte, daß sie ungerecht gegen ihren
zweiten Sohn sey, und beschloß, ihn besser zu behandeln.
Wir gingen zusammen zu dem Notar von Verberie und
fanden in seiner Schreibstube die Eigenthumsurkunden zu
der Mühle/ —

„Und Sie haben gesehen, was Sie mir da erzählen?"
fragte ich den Obersten. — „Ich schwöre es Ihnen," antwortete
er; „ die Sache ist übernatürlich, unglaublich, unmöglich
, aber sie ist wahr." —

Ich wiederholte diese Erzählung Ludwig XVIII.; er
sagte zu mir: „Wenn die Vernunft uns verbietet, wunderbare
Begebenheiten anzunehmen, so gebietet sie uns hinwiederum
, dem Zeugnisse unserer Sinne und würdiger
(„graves") Männer zu trauen. Was sollen wir denn thun,
wenn wir selbst etwas Wunderbares gesehen, oder würdige
Männer uns versichern, dergleichen gesehen zu haben?"
„Was mich betrifft," fuhr Ludwig XVIII. fort, „so glaube ich
fest, daß mein unglücklicher Bruder mir mehr als einmal
erschienen ist und mit mir gesprochen hat."

Die letzte Äußerung ist wohl sonst nicht bekannt, und
man möchte dabei fragen, ob im Traum oder im Wachen?
— Aber die oben ausgezogene Geschichte selbst, ist sie
wahr? Ich weiß es nicht. Der Ausdruck „inipossible",
dessen sich der Oberst bedient, ist eine „fa<;on de parier",
und will sagen: man sollte es für unmöglich halten; er
zweifelt darum nicht an der Gewißheit des Erlebten.
Wenn nun ferner eine „femme de qualitd" oder ihr Freund
eine Gespenstergeschichte hätten erfinden wollen, so würde
es eher eine Begebenheit aus der vornehmen Welt geworden
sein, als diese an sich gar nicht interessante, von
einem Pariser Bäcker und seiner Schwester. Die Falltüre
erinnert zwar an die Versenkung auf dem Theater, durch
welche die dramatischen Geister auf- und niedersteigen,
und ein weißer Mühlknecht konnte mit Hilfe einer Leiter
heraufkommen. Aber die Mühle stand verlassen, und mit
dem Verschwinden und Wiedererscheinen hat es dabei
auch seinen Anstand, zumal da die Falltüre zu war; denn


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