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310 Psychische Studien. XXXIX. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1912.)
Kurze Notizen.
a) Von unserem verehrten Herrn Mitarbeiter, Graf
Carl Klinckowstroeni, erhielten wir, dat. München,
31. III. 12, die nachfolgende Zuschrift: „An die Redaktion
der „Psych. Studien*'. Obwohl das KralFscho Buch über
seine „denkenden Pferde" in mehreren naturwissenschaftlichen
Zeitschriften in dem gleichen Sinne besprochen
worden ist, wie von Dr. Freudenberg in Ihrer Monatsschrift
, bedauere ich dennoch, in der Frage nach der Intelligenz
dieser Tiere vorerst auf dem Pfungst'schen
Standpunkt stehen bleiben zu müssen. Ehe ich mich davon
überzeugen kann, daß einem Pferde das Verständnis
für entlegene abstrakte Begriffe und für immerhin komplizierte
Rechenmethoden spielend beigebracht werden kann,
halte ich an der Annahme fest, daß auch diesmal wieder
fundamentale Beobachungsfehler der Experimentatoren mit
unterlaufen sind. Herr Krall hat nur den Beweis für eine
ganz ausgezeichnete Dressurfähigkeit des Pferdes erbracht,
mehr nicht. Ob die von Herrn Krall behauptete, oft an
das Märchenhafte grenzende Intelligenz der „denkenden"
Pferde wirklich besteht, müßte sich durch Kontrollversuche,
die von der alten Versuchsanordnung einmal gänzlich abweichen
, m. E. in kürzester Frist feststellen lassen. Man
sollte zum Beispiel anstatt der Antworten nach der Tretmethode
einmal Handlungen verlangen. Man sage beispielsweise
dem klugen Hengst, man habe auf dem Tische
links hinter ihm ein Stück Zucker für ihn zurechtgelegt,
er solle es holen usw. Ich bezweifle die sinngemäße Ausführung
dieser Aufforderung, wenn man vermeidet, dieselbe
durch Gesten zu unterstützen. Ich empfehle Ihnen zugleich
den Abdruck des beiliegenden Aufsatzes von Prof. H.
Dexler (Direktor des k. k. tierärztlichen Instituts der
deutschen Universität in Prag): „Zirkustricks in wissenschaftlichem
Gewände. Die Rechenkünste der Pferde" im
2. Beibl. des „Berl. Tageblatt" (Nr. 154 vom 24. März cr.l
Ich identifiziere mich durchaus nicht mit allem, was Prof.
Dexler sagt, aber ich meine: Audiatur et altera parsI Kl."
— Zu dem gewünschten Abdruck konnten wir uns, ob-
schon wir das Gebot der vom Herrn Grafen empfohlenen
Vorsicht nicht verkennen, doch — abgesehen vom Mangel
an dem hierzu erforderlichen Raum — schon deshalb nicht
entschließen, weil der Artikel niciits wesentlich Neues
bringt, das die Beweisgründe unseres Herrn Berichterstatters
Dr. Freudenberg u. E. zu entkräften vetmöchte,
und weil er uns, indem er das KraUsehe Buch einfach zu
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