Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
39. Jahrgang.1912
Seite: 410
(PDF, 204 MB)
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410 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1912.)

allgemeine Zustimmung gefunden, keiner sich länger als
eine ganz kurze Frist, und auch das nur in einem kleinen
Kreise, zu halten vermocht. Und mit allen neuen, die
künftig etwa noch auftauchen, wird es sicher nicht besser
gehen. Denn wenn die fragliche Bewegung wirklich von
einer einzigen Persönlichkeit ausgegangen wäre, von einer
Persönlichkeit nur halb so gewaltig wie es der Jesus der
liberalen Theologie gewesen sein soll, dann müßte das Urchristentum
auch deutlich den Stempel dieser einen alles
beherrschenden Persönlichkeit tragen, müßte überall die
lebendige Erinnerung an ihr Dasein bewahren und in ihrer
Lehre seine unmißverständliche Einheit haben.*) Das aber
ist nicht der Fall. Im Gegenteil: Die Schriften aus der
Frühzeit der neuen Religion zeigen uns eine schier beispiellose
Verschiedenheit der Glaubenslehren. Und die sämtlichen
Briefe des Neuen Testamentes enthalten, ebenso wie
die Apokalypse und alle Apologeten des zweiten Jahrhunderts
, auch nicht die leiseste Anspielung auf irgendeine
rein menschliche Persönlichkeit [? Red.]. Sie zeichnen uns
Jesus ganz einförmig als eine Gottheit, nicht als menschliches
Personenwesen. Daran können auch die wenigen scheinbaren
Ausnahmen, die drei bis vier vermeintlichen Beziehungen
der Paulusbriefe auf die evangelische „ Geschichtetf
nichts ändern. Der allgemeine, unzweideutige Ton dieser
Schriften, der allein entscheiden kann, legt großen Wert
auf den Tod Jesu als eines Gottes, aber er läßt garniehts
erkennen von dem Leben eines Menschen Jesus. Ja, die
Verehrung Jesu als Gott, die Lehre, daß Jesus der Herr
sei — irgendwie eins mit der Gottheit — das ist überhaupt

*) Wir können die logische Folgerichtigkeit dieses Schlusses
nicht anerkennen. Der unbefangene Leser der Evangelien, vor
allem der Bergpredigt, erhält u. E. unbedingt den Eindruck einer
ganz eigenartigen, ethisch überaus hochstehenden, individuell charakterisierbaren
menschlichen Persönlichkeit, die auf ihre Um-

febung ebenso tiefen Eindruck, wie Sokrates in Athen, machte und
ie durch die fixe Idee, daß ihr himmlischer Vater sie zugleich mit
dem vorauszusehenden, baldigen Ende Jerusalems zum Weltgericht
als Messias wiedersenden werde, die sittliche Kraft zum Kampf mit
dem jüdischen Pharisäertum bekam. Bloöe Mythen, wie bei den
Griechen die Sage von Herkules, bei den Germanen usw., stellen
doch einen davon himmelweit verschiedenen Typus dar! Daß dann
nachher die Erinnerung an eine solche große Persönlichkeit sehr
verschiedene, ja entgegengesetzte Darstellungen hervorrief, ist ja
in jenen Zeiten, zumal im Morgenland, leicht zu erklären; auch der
„Mysteriencharakter" des Urchristentums kann mit dieser Auffassung
ganz wohl in Einklang gebracht werden. Aber ohne die
Annahme eines geschichtlichen Kernes, der eben in der Person Jesu
liegt, bliebe uns die Tatsache der ganzen großen Bewegung de»
Christentums ein unerklärtes Rätsel. — Eed.


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