Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
39. Jahrgang.1912
Seite: 412
(PDF, 204 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1912/0416
412 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1912.)

Das widerspricht freilich einer weithin vertretenen und
anerkannten Meinung, nach der Jesus gerade umgekehrt
im Urmarkus nur Mensch sein und der Vorgang seine r
allmählichen Vergottung im Johannesevangelium seinen Abschluß
gefunden haben soll. Aber diese Meinung ist nur
scheinbar berechtigt; in Wahrheit kehrt sie, einem vorgefaßten
Glauben zuliebe, den wirklichen Sachverhalt um.
Denn sie betont nicht nur bei Johannes einseitig das göttliche
Element und übersieht das menschliche, mit dem der
vierte Evangelist doch so bewußt und absichtlich prunkt,
sondern sie übersieht noch weit mehr das göttliche Element
in den Synoptikern, namentlich bei Markus. Und vor allem
verkennt sie den durchweg symbolischen Charakter dieser
Evangelien und findet darum menschlich geschichtliche Züge,
wo in Wahrheit gar keine vorhanden sind.

So ist z. B. das vielgerühmte Mitleid Jesu mit dem
Volke bei Markus (6, 34 u. a.) nur das Mitleid Gottes mit
der irrenden, von der Krankheit des Götzendienstes geplagten
Menschheit, wie schon der ungewöhnliche griechische
Ausdruck ajtMtyyjHZofiai (pacrificorj, die Ubersetzung eines
hebräischen, im Alten Testament von Jehova gebrauchten
Wortes erkennen läßt. Das Seltsame, zu der Vorstellung von
dem sanftmütigen Jesus sehr wenig passende und ganz unbegründete
„Anschnauben" (Mark. 1, 43) gibt lediglich das hebräische
,,nacharahu oder „neshamah" wieder,was durchgängig
von dem „Blasen der Nasenlöcher Jehovas* gebraucht wird.
Der Eine, den Jesus lieb gewinnt und der seinen .Reichtum
nicln mit den Armen teilen will (Mark. 10, 7ff.), ist einfach
das Volk Israel, das auf seine geistigen Vorrechte nicht
verzichten möchte. Und das Gleiche gilt von dem Mann
mit der vertrockneten Hand (Mark. 3, lff.j: auch dieser
i.^t die jüdische Menschheit, gelähmt durch die Tradition,
geheilt durch die neue Lehre, während der Dämonische
von Gerasa (Mark, o, 1 ff.) mit seiner ganzen Schar von
unreinen Geistern offenbar das Heidentum darstellt, das
von einer Legion falscher Götter besessen ist und dem die
neue Lehre von dem einen Gott den gesunden Versland
wiedergibt.

In der Tat dringt der Symbolismus überall bis in das
innerste Gewebe nicht nur des vierten, sondern auch der
drei ersten Evangelien. Das hat der Verfasser des „ Vorchristlichen
Jesus", der ebenso gelehrte wie geistvolle
Amerikaner W. B. Smith richtig erkannt. Und in der
klaren, scharfen und folgerichtigen Merausarbeitung dieses
symbolischen Charakters der evangelischen Erzählungen liegt
die besondere Eigenart und der außerordentliche Wert seines


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1912/0416