http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1912/0663
v Rechenberg-Linten: Unmittelbares Ich-Bewußtsein und Tod. 659
Vorgang selbst - , so liegt auch aus diesem Grunde in der
Antizipierung der dazu notwendigen sprachlichen Formeln
und Bezeichnungen kein innerer Widerspruch.
Zu 2. Die Empfindung ist also die erste für uns
Menschen gegebene und durch sich selbst wahrgenommene
< Jrundtatsache, In und auf ihr beruht die Möglichkeit
dessen, was wir Bewußtsein nennen. Die Tatsache aber
daß ich empfinde, — wobei also das „Ich* und die übrigen
notwendigen Bezeichnungen und Begriffe aus dem im
vorigen Abschnitte besprochenen Grunde einstweilen antizipiert
sind,- - sagt mir zugleich, daß ich etwas empfinde
und zwar ganz unmittelbar. Dieses Etwas sind die inneren
Triebe, oder schlechtweg die „Triebe". Unter den inneren
Trieben verstehe ich die inneren Antriebe zum Sein überhaupt
. In und auf ihnen beruht die Voraussetzung und
Möglichkeit jeglicher inneren Tätigkeit oder Bewegung,
das ist Desjenigen, was ich da^ Denken nenne. Sie sind
die andere gegebene und unmittelbar durch sich selbst
wahrgenommene Grundtatsache.
Die unmittelbar gegebene und empfundene Vereinigung
dieser beiden Grundelemente — der „Empfindung* und
der „Triebe44 — bilden das, was ich mein „Ich* nenne;
oder: die Gesamtheit dessen, was sich in den inneren
Trieben und der Empfindung durch die Empfindung bewußt
wird, ist das, was ich mein „Ich" nenne. Wenn es
nun auch „Empfindung" und „Triebe" sind, welches die
ersten unmittelbar durch si^h selbst wahrgenommenen
Grundelemente sind, so bilden sie doch gleichzeitig
in ihrer unmittelbar gegebenen und unmittelbar empfundenen
Vereinigung das, was wTir unser „Ich" nennen.
Ich sage also, daß das „ Ich" ebenso wie „Empfindung
" und „Triebe" kein abgeleiteter Begriff
ist, sondern eine unmittelbar gegebene, durch sich
selbst empfundene Tatsache.
* * #
Zu 3. Mein unmittelbar wahrgenommenes „Ich" besteht
also in der Vereinigung voi „Empfindung" und
„Trieben*. Auf die Darstellung der Entstehung der
weiteren inneren Vorgänge, die sich aus dem Zusammenwirken
dieser beiden gegebenen Grundelemente ergeben,
muß i*»h hier etwas genauer eingehen.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1912/0663