http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1917/0309
Böhm* Ein neuer Weg-.
301
Merkwürdigerweise nehmen diese Zustände ebenfalls ihren
Anfang in der Dämmerungszeit und erreichen in der Nacht ihren
Höhepunkt. Tritt Fieber auf, so liegt das Maximum der Temperaturkurve
gegen Mitternacht, nicht wie sonst in den späten Nachmittagsstunden
(Matyas). Offenbar trägt hier ebenfalls das Fehlen
der ultravioletten Strahlen die Mitschuld.
Hauptsächlich werden diejenigen Gewebsarten betroffen, welche
auch für Radium eine große Affinität besitzen. Es sind dies vor
allem das zentrale und periphere Nervensystem, die Blutgefäße etc.
Ob nicht in der Schilddrüse bestimmte Stoffe gebildet werden,
welche für die vorliegende Frage von Bedeutung sein können,
wäre der Untersuchung wert.
Im Gegensatz zu rein chemischen, physikalischen und bakteriellen
Einwirkungen können offenbar die Störungen elektrischer
bzw. radioaktiver Art im Anfangsstadium durch bewußte Verstandestätigkeit
und Willensenergie (Gedankenkonzentration) ganz oder
teilweise verhindert oder aufgehoben werden, sofern die letzteren
stark genug und die Einwirkungen nicht zu hochgradig oder andauernd
sind. Fremde suggestive Einwirkung kann nicht zu unterschätzende
Beihilfe leisten. Im umgekehrten Falle scheint eine andauernde
verringerte Tätigkeit des Oberbewußtseins den Eintritt
solcher Störungen zu fördern, desgleichen eine plötzliche Ausschaltung
desselben, wie z. B. beim Schreck.
Außerdem ist zu betonen, daß die Bodenluft in Kellern, Eidhöhlen
und dergleichen sehr stark mit Emanation durchsetzt ist
und gerade diese das Auftreten der genannten Zustände unterstützt.
Bei Soldaten, welche mehrere Stunden verschüttet waren oder zur
Nachtzeit mit dem größten Teil ihres Körpers im Sumpf oder
Wasser liegen mußten, entstehen nicht selten heftige Muskelzuckungen
. Die unmittelbare Berührung des feuchten Körpers mit
stark radioaktiven Substanzen wirkt hier schädigend auf das periphere
Nervensystem. Es wird ein starker elektrischer Reiz ausgeübt
. Ein japanischer Soldat, welcher nach einer Nervenverletzung
am Beine eine sehr starke Hyperästhesie der Haut besaß, empfand
bei Annäherung eines Radiumpräparates stets einen lebhaften Schmerz
im Bein. (Miura.) Anderseits kennt man die gute Wirkung des
stark radioaktiven Fangobades und der Radiumquellen überhaupt
bei bestimmten Rheumatismusformen, während bei anderen wiederum
durch eine solche Behandlungsmethode die Schmerzen heftiger
werden. Auch ist zu erwähnen, daß manche Männer, welche jahrelang
mit rheumatischen Schmerzen zu tun hatten, seit über einem
Jahr, während welcher Zeit sie im Schützengraben liegen, von
den Schmerzen befreit sind. Von Bedeutung ist natürlich, ob der
Erdboden mehr aus Ton und Lehm oder anderen Schichten besteht.
Vielleicht ist die Art der elektrischen Körperaufladung auch
von Bedeutung für die Erklärung, warum in der gleichen Gefahr-
20
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1917/0309