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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
Vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des
Seelenlebens gewidmet.
46. Jahrg. Januar 1919
L Abteilung.
Historisches und Experimentelles.
Reichenbach.
Ein Gedenkblatt zu seinem 50. Todesjahre am 19. Jänner 1919.
Von Ferd. Scheminzky (Wien).
Am 19. Jänner 1919 jährt zum 50. Male sich der Tag,
an dem ein Großer sein reichhaltiges Leben beschloß. Verständnis
und Beachtung hat dieser geniale Forscher bei
seiner Mitwelt wohl nicht gefunden; dafür Unglauben, Hohn
und Spott. Erst der späteren Zeit war es vorbehalten gewesen
, seine Befunde nachzuprüfen und zu bestätigen.
Reichenbach hat freilich nichts mehr davon von dieser
späten Anerkennung; denn das Leben hat für das Individuum
nur einen relativen Wert, und ist seine Rolle ausgespielt,
so sinkt es unter im unbarmherzigen Naturgeschehen. Doch
deshalb wollen wir die Namen derer nicht vergessen, die
die Menschheit mit der Erkenntnis einer fundamentalen
Wahrheit bereicherten. Wir wollen eindringen in ihr Leben,
es verstehen und ihre Leistungen mitnehmen als Vorbild,
auf unseren eigenen Lebensweg.
Dr. Karl Freiherr von Reichenbach wurde als einfacher
Karl Reichenbach am 12. Feber 1788 zu Stuttgart geboren.
Zu Tübingen studierte er die Rechte und die Naturwissenschaften
und erwarb sich das Doktorat. Bald aber geriet
er in einen bösen Konflikt. Er hatte eine geheime Auswanderungsgesellschaft
nach den Südseeinseln gegründet;
die französische Polizei kam dahinter, verhaftete ihn und
brachte ihn nach Hohen asperg. Nach einigen Monaten wurde
er jedoch befreit und nun widmete er sich ganz der Wissenschaft
und ihrer technischen Anwendung.
Er gründete so die Villinger Eisenwerke; in Hauiach
in Baden errichtete er die erste große Hoizverkohlungs-
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