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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des
Seelenlebens gewidmet.
47« Jahrg. Februar-März. 1920
L Abteilang.
Historisches und Experimentelles.
Gregor der Große über sog. experimentelle
Beweise des Fortlebens nach dem Tode.
Von Dr. A. Ludwig in Freising,
o. Hochsehulprofessor. (Dr. Clericus.)
(Schluß von Seite 27.)
Zur Zeit Gregors lebte auch dem Diakon Petrus bekannt
in dem Portikus, durch den man zur Kirche San
demente kommt, ein armer gelähmter Mann, der weil des
Lesens unkundig, Vorübergehende und besonders nach Rom
zugereiste Pilger oft bat, sie möchten ihm aus der hl. Schrift
vorlesen. Mit größter Ergebung und oft geistliche Lieder
singend ertrug er sein Leiden. Eines Tages nun, als er
den Tod herannahen fühlte, rief er wieder zugereiste Christen
an sein Lager und bat sie, in seiner Gegenwart Psalmen zu
singen. Als man seiner Bitte willfahrte, hieß er die Sänger
auf einmal schweigen und sich auf seinem Lager vorbeugend
rief er: „Seid still, hört ihr denn nicht, den wunderbaren
himmlischen Gesang?" Und so gespannt lauschend verschied
er. Sofort nach seinem Hinscheiden aber erfüllte
ein solch starker lieblicher Duft das Gemach, daß die Anwesenden
davon ganz entzückt waren. Ein noch lebender
Mönch, der Augenzeuge war, hat wiederholt unter Tränen
dem Papste bezeugt, daß bis zur Bestattung des Leibes
dieser süße Wohlgeruch zu verspüren war. Auch in einem
andern Berichte ist die Rede von diesem Phänomen. Der
Priester Speciosus teilte als Zeuge der Begebenheit selbst
dem Papste jenen Vorfall bei dem Tode der JSTonne Bo-
mula mit, von dem Gregor auch in einer seiner Predigten
(homilia 15) sprach, wonach kurz vor dem Tode der Gottgeweihten
in der Nacht ein blendendes Licht das ganze
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