Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 519
(PDF, 212 MB)
Bibliographische Information
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Bernoulli: Heidnisch-antike Wahrsagung zu Luthers Zeiten, 519

oder auf das Horoskop Luthers, das für den eigentlichen Geburtstag
so gar nicht stimmen wollte und infolgedessen „Reim dich
oder ich freß dich" einfach auf ein Jahr später verlegt wurde.
Luther selbst hat sich cmit außerordentlicher Schärfe und beißender
Ironie gegen den Sternglauben gewendet. Seiner Natur war
alles zuwider, was von den eigentlichen Kernproblemen des
Christentums ablenken konnte. Seine gerade und sachliche Art
konnte sich mit den Träumen und Gefühlen einer wenn auch noch
so mathematisch eingekleideten Kunst nicht befreunden.

Luthers Gegenpol ist in Melanchthon zu -sehen, der mit einer
seltsam anmutenden Naivität in seinen Briefen an seinen Schwiegersohn
, den Historiker Johann Carion, sich als außerordentlich
interessierten Sterngläubigen zeigt.

Warburgs Schrift ist mit dieser gründlichen Schilderung der
Auseinandersetzung für und wider die astrologisch-mantische
Weltauffassung wichtig für die Erkenntnis der ganzen psychologischen
Einstellung jener für das spätere Geistesleben Deutschlands
so wichtigen Zeit der Reformation. Aus dieser geistigen
Verfassung heraus muß die ganze Wissenschaft jener Zeit begriffen
werden. Insofern ist diese Abhandlung ein Durchschnitt
durch die ganze wissenschaftliche Kultur jener Zeit.

Doch das ist nicht das einzigste Verdienst von Warburgs Untersuchungen
. Nicht die Psychologie der Refomnationszeit allein lag
ihm am Herzen, sondern ihr Ausdruck in den Werken der bildenden
Kunst. Zunächst die Art und Weise, wie sich das Horoskop
Luthers in den zeitgenössischen Bildern widergespiegelt hat.
Luther wurde von seinen Zeitgenossen als ein typisch martialisch-
saturnisches Temperament empfunden. Die Darstellungen solcher
„Komplexionen" bilden einen wesentlichen Teil der Formuntersuchungen
Warburgs, und gerade hier zeigt sich in überraschender
Weise, in welchem Sinne antike Elemente übernommen
werden, bis auf Einzelheiten, wie dann mit Einkleidung
in vertraute Formen zeitgenössischer Amtstrachten und politischer
Anspielungen diese Ideen durchgeführt werden.

Wie früher die Kirche, insbesondere die graphischen Künste,
den neu erfundenen Holzschnitt und späterhin den Kupferstich
für ihre Zwecke verwendete, so brauchen jetzt die Astrologen dieselben
Mittel zur Verbreitung ihrer Ideen, und mancherorts wurden
vielleicht williger als vordem die Lehren der Kirche, jetzt die
sensationellen Prophezeiungen und die mitunter «stark gewürzten
politischen Anspielungen vom wundersüchtigen Volke aufgenommen
.

Da dabei die Form, in welcher der Stoff geboten wurde, nicht
auf ein ästhetisch geschultes Publikum von Genießern eingestellt
war, sondern an das lebendige Empfinden des breiten, völlig auf
den sachlichen Inhalt eingestellten Volkes appellierte, so ergab
sich von selbst* daß diese graphische Kunst im besten Sinne des
Wortes volkstümlich sein mußte. Das hinderte aber nicht, daß


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