http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0005
Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des
Seelenlebens gewidmet
49. Jahrg. Januar 1922.
An unsere Leser!
Der Wunsch vieler Leser und des Verlages auf das Jahr 192J hat
sich, wie ja schon der Uebergang der Redaktion in die Hände Hans
Freimarks zeigte, nicht verwirklichen lassen, daß nämlich das erste
halbe Sa*culum des Bestehens unserer Psychischen Studien
unter der Schriftleitung des hochverdienten, betagten Professors Dr.
Fr. M a i e r zu Ende geführt wurde.
Wiederum ist nun aus technischen Gründen unter durchaus harmonischer
Verständigung aller Beteiligten ein RedaktionsKvechsel erforderlich
geworden. Der Verlag hat den Unterzeichneten um die Herausgabe
unserer altangesehenen Monatsschrift ersucht, und der Vertrag
ist zustande gekommen.
Wiederum ist damit an den Unterzeichneten die Aufgabe herangetreten
, ein fast ein halbes Jahrhundert bestehendes Blatt weiterzuführen
. Im Jahre 1914 war es nach dem Tode von Prof. H. J. Klein
in Köln die Rundschau der gesamten Sternforsdiung für Freunde der
Himmelskunde und Fachastronomen „Sirius". Obwohl der Herausgeber,
deAft'ährend des Krieges auf dem Grenzgebiet von angewandter Astronomie
(Ballistik) und Meteorologie in der Artillerie-Prüfungs-Kommission
als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter tätig war, wesentlich auf die Hilfe
seiner Freunde und Mitarbeiter angewiesen war, verdreifachte sich schon
während des Krieges der Bezieherkreis des „Sirius'*, obwohl das ganze
Ausland überdies fortgefallen war.
Eine mehr als zehnjährige Praxis als Mitarbeiter der führenden
Tagespresse Deutschlands auf astronomischem Gebiet, sowie diese mehr
als siebenjährige redaktionelle Erfahrung läßt den Unterzeichneten hoffen,
auch hier den rechten Weg zu finden, auf dem auch die Psychischen Studien
weiterschreiten können — trotz der allgemein äußerst ungünstigen
wirtschaftlichen Lage.
Daß nun hier gerade ein Astronom zur Beschäftigung mit den
Randgebieten der Seelenforschung herangezogen wird, ist wohl keine
so seltene Erscheinung. Man wird zuerst an C. Flammarion denken
, der ja auch eine populär-astronomische Zeitschrift ähnlich dem
„Sirius'* redigiert. Weiter ist G. Schiaparelli aus den Berichten
über die Pal lad in o vielen bekannt, aus den Protokollen über
D. D. Home etwa Lord L i n d s a y, schließlich der viel angefeindete
Astrophysiker Z o e 11 n e r. Erst allmählich beginnt man heute seine
Arbeiten recht zu würdigen. Daß Zoellner seit mindestens zehn
Jahren, besonders während der Zeit, wo ich die Sternwarte Bothkamp
leitete (die er inspirierte), besonderen Einfluß auf mich gewann, ist zuzugeben
.
Damit ist über die neutral-wissenschaftliche Einstellung schon das
Wichtigste angedeutet. Die Streitfrage Animismus — Spiritismus existiert ,
für mich nicht als Alternative. Dem ganzen Okkultismus stehe ich vom
Standpunkt des Yoghatums (mit christlicher, nicht buddhistischer Orientierung
) gegenüber. Jede Einseitigkeit ist dadurch wohl grundsätzlich
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