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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des
Seelenlebens gewidmet.
51. Jahrg. Leipzig. November 1924.
Inhalt: Gruber: Beobachtung von Materialisationen oder Teleplasma
bei Kranken. S. 653.— Libanski: Die telekinetischen Erscheinungen im
Lichte der modernen Atomtheorie (Schluß). S. 655. — Schröder:
„Pseudo-Entlarvungen". «Teil C.) S. 662.— Tramer: Eine physiologische
Erklärung ttir die Inversion. S. 687. — Hellwig: Wünschelrute und
Kriminalistik. S. 689. — Freudenberg: Mesmers Bedeutung für die
Gegenwart S. 691. — Tischner: Der Fall Erto. S. 696. — Kleine Mitteilungen
. S. 698. — Vom Büchertisch. S. 702. — Mitteilungen der
Deutschen Gesellschaft für wissenschaftl. Okkultismus.
Kröner: Einiges zur Psychologie medialer Kunstleistungen. S. 706. —
Krön er: Die -telepathischen Uebertragungsversuche" von Dr. med. Carl
Bruck". S. 712.
Beobachtung von Materialisationen oder Teleplasma bei
Kranken.
Von Prof. Dr. Karl Gruber, München.
Die Tatsache der Materialisation als psychologisches Phänomen
ist heute nicht mehr in Zweifel zu ziehen. Allen Schwierigkeiten
zum Trotz läßt sich heute aus der reichhaltigen Fülle der Beobachtungen
der verschiedensten Forscher, durch experimentelle Prüfung
der verschiedensten Medien ein ungefähres Bild des ungeheuer interessanten
Phänomens geben. Ein L) eberblick über die verschiedenen
Erscheinungsformen der Endglieder des Materialisationsprozesses ergibt
die unübersehbaren Variationsmöglichkeiten dieses psychologischen
Geschehens. Bald zeigt sich der Materialisationsvorgang in der
Bildung sog. teleplastischer Endorgane von Hand-, Stumpf-, Ruten-
form usw. in der Begleitung oder besser als ursächliches Moment bei
Fernbewegungen (Willy und Rudi Seh., Miß Goligher usw.), bald
kommt es, wie bei Eva C, zu ideoplastischen Porträtschöpfungen von
flachem Charakter, bald wieder zeigt sich, ebenfalls bei Eva C, die
Materialisation in Form amorpher, selbstbeweglicher, den Körperöffnungen
entströmender schnür- und lappenförmiger Massen. Dann
wieder werden ganze Phantome von lebenswahrem Ausdruck geschildert
(Frau Silbert) und demgegenüber finden sich wieder nur formlose
Teleplasmagebilde, meist aus dem Munde strömend, wie bei
Stanislawa P. oder Frau Vollhart, die bei Einar Nielsen sich zum
Schleierphänomen komplizieren. Dies nur einige Möglichkeiten der
Erscheinung. Der Einwurf der Gegnerschaft konzentriert sich rein
auf die Betrugshypothese, indem man die Medien, in deren Bereich
sich die Prozesse zeigen, schwindelhafter, teils bewußt, teils unbewußt
eingeleitetei Maßnahmen bezichtigt.
Der Kampf um die Anerkennung der Materialisationsphänomene
ist noch nicht ausgetragen und tobt mit ungeminderter Heftigkeit.
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