Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 82
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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82 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1925.)

ermöglicht. Die Ratlosigkeit der Biologen ist heute so groß, daß Holling
in seiner Inauguralrede (Wageningen, Nov. 1920) sagte, daß wir
mit den vorhandenen Evolutionstheorien noch nicht viel weiter gekommen
sind als Genesis I, woran wir freilich auch nicht glauben, und
daß er keine Einwendungen machen würde, wenn die Biologen einstweilen
die Evolution den Philosophen überließen.

Die Philosophen aber befinden sich mit den Psychologen in derselben
mißlichen Lage, weil sie sich in ihrer Erkenntnistheorie an dieselben
naturalistischen Grundsätze gebunden haben, die der Biologie
im Wege stehen. So heißt es z. B. in Külpes Einleitung in die Philosophie
(9. Aufl.): „Als ein Prinzip der Erkenntnis gilt z. B. der Satz von
der Kausalität, nach dem jede Veränderung als die Wirkung einer anderen
, ihrer Ursache, anzusehen ist (S. 23). .. .Auch erscheint eine Freiheit
im Sinne einer Ursachlosigkeit des Willens von vornherein wenig
wahrscheinlich. Eine wissenschaftliche Metaphysik ist nur in genauer
Uebereinsiimmung mit der Erkenntnistheorie denkbar (S. 48)."

Daß es nichts Uebernatür]iches geben könne, ist ein Lehrsatz, dem
die Begründung fehlt. Nicht weniger berechtigt jedenfalls ist folgende
Voraussetzung.

Ein übernatürliches Eingreifen ist wahrscheinlich in allen Fällen,
wo man zur Erklärung gewisser (von jeher übernatürlichen Ursachen
zugeschriebener) Tatsachen nur ein dem Anschein nach gesetzloses Wirken
uns physikalisch noch unbekannter Kräfte konstatieren kann. Sicherlich
gibt es Tatsachen, deren ehemals als übernatürliche aufgefaßte Ursachen
man jetzt als gesetzmäßig wirkende Kräfte erkannt hat, aber
deshalb alles über einen Kamm zu scheren, wäre unzulässig.

Die Gesetzmäßigkeit hat man stets, und wohl mit Recht, als Kennzeichen
eines natürlichen Ursprungs angesehen. Denn wenn irgendeine
Kraft bei bestimmten Gelegenheiten immer gleichartig wirken soll, liegt
es auf der Hand, daß ihr Urheber ihre Wirkung in latenter Form der
Natur einverleibt, weil ihm dadurch eine jedesmalige Wiederholung
seines freien Eingreifens erspart wird. Das sehen wir z. B. beim Schlittschuhlaufen
, Radfahren usw.

Wichtiger noch als das Anerkennen eines übernatürlichen Ursprungs
der sogenannten okkulten Tatsachen ist die Einsicht, daß unser spontanes
(nicht reflektorisches oder assoziatives) Denken seine Erklärung ebenfalls
in einem übernatürlichen Eingreifen finden kann. Auch das hat
man von jeher gewußt, indem man sich durch die Naturalisten seinen
freien Willen nicht ausreden ließ. Freilich thront dieser nicht in unserem
Bewußtsein, sondern im Unterbewußten. Dort gibt es einen von der
vorhandenen Natur und ihrem kausal, bedingten Ablauf zwar in vielem
beeinflußten, aber nicht eindeutig festgelegten Werdegang.

Im höchsten Grade von den vorhandenen Assoziationen frei zeigt
sich das unterbewußte Phantasieleben, wenn es noch nie Dagewesenes
schafft. Nicht die Naturalisten, welche die Phantasie für etwas Unzulässiges
halten möchten, haben recht, sondern Goethe, als er das tiefsinnige
Gedichtchen „Meine Göttin" schrieb:


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