Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 186
(PDF, 206 MB)
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186 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 3. Heft. (März 1925.)

okkultistischen Beurteilung Edgar Poes keinen nennenswerten Vorgänger
besitzt, uns über kleinere Schwächen des Werks hinwegsehen und das
ganze als einen sehr erfreulichen Zuwachs sowohl der literarhistorischen
wie der okkultistischen Forschung erscheinen läßt

Ist es schon überraschend, daß wir in Edgar Poe, den viele bisher
nur als sensationslüsternen Novellisten angesehen hatten, einen freilich
vielfach krankhaften, aber doch tiefsinnigen, eigenartig und selbständig
urteilenden Okkultisten, der speziell für den im binne der Keinkarnaiions-
lehre spiritistisch Eingestellten von Bedeutung ist, zu sehen haben, so
überrascht es uns noch mehr, in Mörike, den man sich gewöhnt hatte
vorwiegend als eine Art großes Kind, als naives, halb unbewußt schaffendes
Genie zu betrachten, einen philosophisch selbständig Denkenden und
Suchenden, der die philosophisch-okkultistische Literatur der Zeit eifrigst
nach Belehrung über drängende weltanschauliche Probleme durchforscht,
zu erkennen. Mörike war Mitarbeiter von Kerners „Magikon" und veröffentlichte
dort 1842 einen eingehenden Bericht über den „Spuk im
Pfarrhaus zu Cleversulzbach", der in der Mönkeausgabe von Harry Mayne
in Meyers Klassikerausgaben, Band 2, S. 464—475, abgedruckt ist und der
aus dem bisherigen Skeptiker einen begeisterten Anhänger des Okkultismus
, spezieil des magischen Idealismus, im Sinne Schopenhauers, Daumers
und des früheren Perty werden ließ. Es ist (entsprechend Schopenhauers
„Traumorgan") die Traumseele, die die okkulten „Phänomene
dem Bewußtsein als etwas scheinbar Gegenständliches, Objektives, gegenüberstellt
„ich kam auf diesen Gedanken bei dem Versuch, die G e i s t e r-
s e h e r e i, die erstaunlich treffenden Aussagen beim Tischklopfen usw.
natürlich zu erklären, wo doch sehr vieles offenbar auch nur auf
einem leeren, zum Teil neckischen Spiel der T r a u m s e e 1 e beruht,"
Mörike, Brief an Hartlaub 1863, siehe Hieber S. 51. „Und sie denn also,"
führt der Verfasser im, Sinne Mörikes weiter aus, „die, Traumseele', wäre
es die ihre eigenen visionären Vorstellungen als fremde Wesen, als
,Geister', sich objektiv gegenüberstellt, durch deren unbewußte Tätigkeit
okkulte Phänomene aller Art zustande kommen, die weiter sieht, als man
bei wachem Bewußtsein sieht, die freilich ihr Wissen dem Bewußtsein
nicht unmittelbar, sondern verschleiert, symbolisch, in Form eines Traumes
, als ,Vision', als dunkles Orakelbild zu übermitteln pflegt (S. 51).

Die ganze magische Welt der Romantik kommt in Mörikes Lebensroman
, dem „Maler Nolten", den Harry Mayne in seiner Mörikeausgabe
in der Urform wiedergibt, zum Ausdruck (s. Hieber S. 179—197), dabei
eine eigenartige, jan Schopenhauers Lehre vom „Willen" erinnernde
Schicksalsauffassung, die in uns selbst den eigentlichen, nur während
des Lebens unserem Bewußtsein entrückten Träger unseres Schicksals
sieht „Die Macht, welche mich nötigt, steht nicht als eigensinniger
Treiber hinter mir, sie schwebt vor mir, in mir ist sie, mjir deucht, als
hätt' ich von Ewigkeit her mich mit ihr darüber verständigt, wohin wir
zusammen gehen wollen, als wäre mir dieser Plan nur durch die endliche
Beschränkung meines Daseins weit aus dem Gedächtnis gerückt worden,
und nur zuweilen käme mir mit tiefem Staunen die dunkle wunderbare
Erinnerung daran zurück" (Mörike, Maler Nolten, siehe Hieber S. 188),
Es ist eine Schicksalsauffassung, die mit derjenigen Goethes im Egmont
verwandt ist, freilich im magisch-romantischen Sinne noch über Goethe
hinausgeht. ; j t i

Sowohl das Casparische wie das Hiebersche Werk sind ein erfreulicher
Beleg für die Tatsache, daß die okkultistische Betrachtungsweise
mehr und mehr in die Einzelwissenschaften einzudringen beginnt, überall
Licht in so manches hoffnungslose Dunkel der Forschung bringend und
überall neue, fruchtbare Ideenkeime ausstreuend. Hoffen wir, daß das
jetzige Senfkorn noch einmal zu einem Baum auswachsen wird, unter
dem die Vögel des Himmels zu nisten vermögen. Und daß deutsche
Wissenschaft und deutsche Gedankenarbeit eine Haupttriebkraft in diesem


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