Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 199
(PDF, 206 MB)
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Verweyen: Mystik und Monismus.

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nach der Betonung wird alsdann ein Typus wie Goethe zum Anthropo-
sophen oder zum Monisten oder gar zum — Christen,

Wer den Mystiker in Goethe nicht wahrnimmt, ermangelt der geistigen
Sehschärfe. Daß die Neigung des Lyrikers Goethe, innige Lebensgemeinschaft
zu pflegen mit der ganzen Natur und sie durch intensivste
Einfühlung in das Ureine, die Gottnatur zu nähren, aufwärts zu
dringen an den „Busen" des alliebenden Vaters, einen von Grund aus
mystischen Zug bedeutet, ist offensichtlich und könnte durch zahlreiche
andere Beispiele bekräftigt werden.

Es erhebt sich die Frage, wie weit Goethe der Gefahr erlag, von
der Ebene der Mystik auf die des Mystizismus herabzusinken. Bei
der Beantwortung dieser Frage kommen vor allem Stellen wie die folgenden
in Betracht: ,,Wenn ich bis an mein Ende rastlos wirke, so
ist die Natur verpflichtet, mir eine andere Form des Daseins anzuweisen
, wenn die jetzige meinen Geist fernerhin nicht auszuhalten vermag
/' 2. 1829 zu Eckermann.) Am Begräbnistage Wielands (a5. 1.
1813) bewegte sich Goethes Gespräch mit Falk ganz in der Richtung
des Uebersinnlichen: „An eine Vernichtung ist gar nicht zu denken. . .
Wollen wir uns einmal auf Vermutungen einlassen, so sehe ich wirklich
nicht ab, was die Monade, welche wir Wielands Erscheinung auf unserem
Planeten verdanken, abhalten sollte, in ihrem neuen Zustande die
höchsten Verbindungen dieses Weltalls einzugehen. Durch ihren Fleiß,
durch ihren Eifer, durch ihren Geist, womit sie soviele weltgeschichtliche
Zustände in sich aufnahm, ist sie zu allem berechtigt. Ich würde
mich so wenig wundern, daß ich'es sogar meinen Ansichten völlig gemäß
finden würde, wenn ich einst diesem Wieland als einem Stern erster
Größe nach Jahrtausenden wieder begegnete und sähe und Zeuge davon
wäre, wie er mit seinem lieblichen Lichte alles, was ihm irgend nahekäme
, erquickte und aufheiterte . . . Ich bin gewiß, wie Sie mich hier
sehen, schon tausendmal dagewesen und hoffe wohl noch tausendmal
wiederzukommen." Schon in Italien (1786) war Goethe nicht etwa
zumute, als wenn er die ,,Sachen zum ersten Male sähe", sondern als
ob er sie „wiedersähe". Vollends hatte er bei seiner Begegnung mit
Frau v. Stein das Gefühl, als ob er diese in früheren Existenzformen —
in ,,abgelebten Zeiten" — seine Schwester oder seine Frau gewesen sei.
Dies alles liegt in der Richtung der von der Anthroposophie festgehaltenen
uralten indischen Lehre von der Wiedergeburt. Aber Goethe
bescheidet sich an der erwähnten Stelle ausdrücklich mit „Vermutungen
", während anthroposophische Fürsprecher der gleichen Idee mit
dem vermessenen Ausspruch einer „geisteswissenschaftlichen" Erkenntnis
auftreten.

Monistisch im Sinne der Diesseitigkeit als des nächsten Feldes
menschlicher Aufgaben klingen dagegen Goethes Worte: „Die Beschäftigung
mit Unsterblichkeitsideen ist für vornehme Stände und für
Frauenzimmer, die nichts zu tun haben. Ein tüchtiger Mensch aber,
der hier schon etwas Ordentliches zu sein gedenkt, und der daher täglich
zu streben, zu kämpfen und zu wirken hat, läßt die künftige Welt


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