Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 348
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0356
348 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1925.)

die schöne Gleichnisrede, von der weißen und der roten Rose,
die der Sitzung vom 11. Nov. 1924 entstammt.

„Als der Herr über Land ging, um zu hören, ob seine Geschöpfe
den Sinn ihr* s Daseins erfaßt hätten, ging er auf das Feld.

Müde und duftschwer stand ein Rosenstrauch am Wege. Sein
Duft erfüllte die Luft und Bienen öffnete er den goldenen Kelch seiner
Blüten. Und Jesus, schlicht und einfach, blieb stehen und dankte seinem
Vater, der erschuf soviel Schönes, soviel Hohes, Lobpreis kündend seiner
Größe. Doch Jesus, schlicht und einfach, nicht nur sah er diese Pracht,
sondern hörte die Stimme, die leise pochend sprach in jeder Blüte.

Schneeweiß war der Strauch. An der Spitze erwachte ein Röslein
aus seinem Schlafe, sprengend die grüne Wiege, öffnend das Auge dem
Himmelslicht. Herzförmig war ihr Blatt, denn sie versinnbildlichte ja
das Herz, die Liebe, die schafft. Goldig war ihr Kelch, denn er versinnbildlichte
ja die Seele, die selbst schafft, die Frucht in sich schließt.

,0 Schwestern, sehet mich an, bin ich nicht die Schönste unter euch,
bin ich nicht eure Königin? Sagt an!'

,Du bist die Lieblingsschwester, du bist die Jüngste in unserem
Kreise, und ehe der feurige Ball der Sonne sich zweimal senkt zum Lobpreis
des Ewigen, wirst du dein Werk vollbracht haben und uns gleich
sehen/

,Nein, ich gleiche euch nicht. Ich bin ich, die Schönste unter euch.
Ist nicht mein Werk, euch zu beherrschen und schön zu sein?'

,Nein, denn nichtig wäre es. Dein Werk ist lebengebend, dein
Werk ist, dein Herz zu öffnen, damit andere darin finden, was zu ihrem
Lebensbedürfnis, zu ihrem Lebenszwecke auch (?) ist. Geben ist dein
Werk, nicht Herrschen. Geben Freude, geben Duft, geben Nahrung, um
im Geben die Müdigkeit der Befriedigung zu finden, selbst verblassen
und in Selhstverblassung und Entblätterung die Wiege neuen Gebens,
neuen Lebens zu sein/

,Nicht geschaffen wurde ich zum Geben, geschaffen bin ich zu nehmen
, zu nehmen die Huldigung von euch, die Huldigung der Luft, die
mich umschmeichelt, die Huldigung der Sonne, die strahlend mich umgibt
, die mich erweckte/

Jesus, still und einfach, hörte dieses Wort, und Weh zog ein in
sein Herz. Und eine Träne entquoll seinem Auge und fiel auf die weiße,
duftende, zarte Blume, und die Träne des Herrn war der erste Tautropfen
, und darin widerspiegelte sich der ganze Jubel, der ganze
Schmerz, den er emporsandte seinem Vater.

Und die Träne drang zum Herzen der Rose und sie erkannte ihn,
der gesandt wurde, Demut zu lehren, Liebe zu fühlen, und sie senkte ihr
Köpfchen und rot vor Schani wurden ihre Herzblätter/'

So das Gleichnis von der weißen und der roten Rose, wie es ergreifend
schön vom Munde der Seherin kam. Und gleich schön und ergreifend
ist das Gleichnis vom Schmerz im Menschenherzen und der
Perle in der Muschel, das in einer eigenen Blütenlese Aufnahme finden
soll.


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