Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 360
(PDF, 206 MB)
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360 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1925.)

In gewissem Grade ist ja nun das Voraussagen auf diesem Gebiet
tatsächlich möglich, und die prophetische Gabe wäre in diesem Umkreis
nur eine Steigerung dessen, was wir etwa beim Vorhersagen komplizierter
chemischer Reaktionen leisten.

Naturgemäß wächst diese Schwierigkeit bei längeren Voraussagen
wegen des Durcheinanderwirkens des Seins praktisch ins ungemessene,
aber die Unmöglichkeit liegt nicht in der Natur der Sache. Prophezeiungen
lediglich in der unbelebten Natur wären somit nur eine gradweise
Steigerung eines normal menschlichen Könnens.

Diese Sachlage ändert sich aber in höchst bedeutsamer Weise in
der entwickelteren Natur — und zwar ist der Abschnitt für eine Möglichkeit
der Vorausberechnung nicht zwischen unbelebter — anorganischer
— und belebter — organischer — Natur; sondern er ist dort, wo
innerhalb der organischen Natur das Handeln mit bewußter Erkenntnis
einsetzt. Wo dies der Fall ist, wo das Wissen allmählich aufdämmert,
kann hier nicht entschieden werden, und ist wohl auch schwer festzustellen
. Unzweifelhaft ist aber bei höheren Tieren und Menschen
Bewußtsein vorhanden; sie können mit Willen, mit Absicht, mit Ueber-
legung handeln. Und dieses Handeln nun — ist es ebenso naturnotwendig
bestimmt und zwangsläufig, wie in der niederen Natur, und
damit — in der Theorie wenigstens — berechenbar und vorherzusagen?
Deutet nicht schon das Vorhandensein des Problems von der Freiheit
des Willens eine Andersartigkeit an?

Die Philosophen aller Zeiten und aller Völker haben die Bedeutung
der menschlichen Willensfreiheit erkannt, haben darüber nachgedacht,
und dieses Problem nach allen Seiten hin gewendet und gedreht. Es
ist eines der großen Rätsel des Menschentums —• denn, während das
Gefühl unstreitig für das Vorhandensein der Freiheit spricht, ist es
doch dem Verstände schwierig, die Möglichkeit einer solchen nachzuweisen
. Die meisten Denker haben sich denn auch im Sinne einer
Gebundenheit — einer Determination — des Willens entschieden. Wenn
auch so scharfe Köpfe wie Kant, der nicht bloß die reine, sondern auch
die praktische Vernunft zu Rate zog, das Postulat von der Freiheit
des Willens retteten. Kant schloß: da es ein „Sollen4 gibt — eine innere
Stimme, die eine bestimmte Handlungsweise von uns verlangt, nämlich
das Gewissen — muß es auch ein „Wollen" geben, ein sich entscheiden
können im Sinne der Forderung des Gewissens.

Das Problem der Willensfreiheit hängt naturgemäß aufs engste
mit dem der Prophetie zusammen. Die Freiheit würde ja einen unberechenbaren
Faktor in den Ablauf des Geschehens hineintragen. Es
sei dieses Thema daher hier in Kürze umrissen, vollgültig lösen läßt
es sich nur im Rahmen einer ganzen Weltanschauung.

Zuerst fragt es sich: „fällt auch das menschliche Wollen unter die
Naturkausalität?'' d. h. hat jede Ursache ihre notwendige Wirkung
auch hier?

Die Antwort darauf kann nur lauten „ja!" — unzweifelhaft „ja",
jede andere Annahme wäre widersinnig. Dieselbe Ursache wird stets


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