Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 423
(PDF, 206 MB)
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Reichenau: Ist Prophezeien möglich?

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Am Ablauf und der Wahrnehmbarkeit der Tatsachen ändert diese
Theorie gar nichts; berechtigtermaßen führt sie uns nur die Subjektivität
unserer Zeitbestimmung zu Gemüte. Somit ergeben die Folgerungen
aus ihr auch keine Erklärung für die zeitliche Vorschau des noch
Ungeschehenen. Die vorangegangenen Ausführungen erweisen: für eine
bestimmte, längere Schicksalsvoraussage gibt es keine Grundlage der Erfahrung
, da das Geschehen nicht im voraus berechenbar ist. Insoweit
sich solche Voraussagen also nicht als Wahrscheinlichkeiten aus den
gegenwärtigen Zuständen folgern lassen, deren Eintreffen vom Zufall
abhängt . . . insoweit sind sie echte Prophetie. Diese Prophetie, die
außerhalb der Grenzen menschlicher Befähigung fällt, fällt auch außerhalb
der von uns sonst erkannten Naturgesetzlichkeit. Denn ihr Vorkommen
würde zu Annahmen zwingen, die unsern übrigen Erfahrungen
vom Naturgeschehen widersprechen. Wäre sie unzweifelhaft festgestellt, soj
wäre damit ein Wunder bewiesen. Ein Wunder, für das wir nur in folgendem
eine Erklärung finden könnten. Nicht einem menschlichen, sondern
nur einem übermenschlichen — einem göttlichen — Wesen kann solch ein
Wissen möglich sein. Ein Wissen, das weit über menschliches Begreifen
geht, und das weit über menschliches Begreifen hinausragende Fähigkeiten
voraussetzt! Wir könnten es, wie gesagt, nur mit ,,göttlich" bezeichnen
! Dieses Wesen müßte ja die Macht haben, etwas zu sehen, was
gar nicht vorhanden ist, und doch einst sein wird, ohne jeden Anhaltspunkt
aus dem Seienden; oder es müßte in unbegreiflicher Weise die
innersten verborgenen Zusammenhänge des Geschehens er spüren können.
Und es müßte schließlich je nach Laune einem Lebewesen Mitteilung
davon machen, es durch sein Wissen inspirieren".

Die Annahme eines solchen göttlichen Wesens, das in das Geschehen
eingreift, aber stände in Widerspruch zu der sonst beobachteten Naturgesetzlichkeit
. Denn was wir sehen, ist das Ergebnis der im Seienden
selbst wirkenden Kräfte. Und falls man etwa das Eingreifen unirdischer
Kräfte in Gestalt von Geistern für möglich hält, in der Annahme, daß
die okkulten Erfahrungen einen unerklärlichen Rest lassen, der als Eingreifen
von Geistern gedeutet werden muß, so zeigt sich doch stets, daß
diese in ihren Leistungen der menschlichen Befähigung nicht gar so
überlegen sind. So kann ihnen nicht in diesem einen Punkt so Unerhörtes
zugetraut werden, wie es die Erkenntnis von etwas gar nicht Vorhandenem
, gar nicht Berechenbaren sein müßte 1 Nicht berechenbar,
denn — wie gesagt — die Umwandlungen des Seins, die es durchmacht,
und die hinwiederum seine wechselnde Eigentümlichkeit als Ursachen
des Geschehens bestimmen ... sie ergeben sich erst aus der Art seines
Entwicklungsganges im Lauf des Weltgeschehens. ,,Tief ist, was ist —
und fern — wer will es ergründen?"

Wenn hier die Betätigung und das Eingreifen eines Gottes abgelehnt
wird, so darf das nicht mit einem Urteil über Sein oder Nichtsein
Gottes identifiziert werden. Dieses Problem entzieht sich der
Wissenschaft, weil es dafür keine Erfahrungsgrundlage mehr gibt. Was
verneint werden muß, ist nur die Annahme göttlicher Lenkung des


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