Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 488
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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488 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 8. Heft. (August 1925.)

aber jedes frommen Christen, und wird in einer alten Litanei als
„mystische Rose" und „Morgenstern", als „Pforte des Himmels" und
mit vielen ähnlichen Prädikaten gepriesen. Die große Zahl der Marienlieder
kündet von solcher mystischen Verehrung der Gottesmutter, die
während des Maimonates eine sich mit dem ganzen Zauber des Frühlings
mystisch verbindende Verehrung erfährt.

Neben Maria, der „Königin des Himmels* \ sind alle Heiligen für
den katholischen Christen ein Anknüpfungspunkt mystischer Zwiesprache
und erbaulicher Versenkung in ihr vorbildliches Leben. Der
Heiligenkalender bietet den natürlichen Anknüpfungspunkt für eine
zeitliche Verteilung. Der katholische Kultus mit dem Reichtum seiner
Symbolik und der Abstimmung der Farben auf den Charakter des
Festes — die rote Farbe etwa deutet auf das Blut der Märtyrer —
unterstützt die Mystik individueller Frömmigkeit, die schon rein architektonisch
bei dem für Raumwirkung empfänglichen Menschen in
stillen weitabgewandten Klosterkirchen wie in den hochragenden Kathedralen
mit ihren feierlich stimmenden Säulen und Fenstern eine starke
Förderung zu empfangen vermag.

Die Rolle der Mystik in den Religionen weist an vielen Punkten
hinüber in das engere Gebiet des Okkultismus. Die Erzählung von
wunderbaren Begebenheiten im Leben der Religionsstifter, sowie durch
besondere Heiligkeit ausgezeichneten frommen Menschen bilden ein
besonderes Kapitel dieses Gebietes. Sie legen die Frage nahe, ob etwa
eine asketische Lebensweise und sittliche Erlesenheil der Entstehung
ungewöhnlicher okkulter Kräfte günstig ist. Fragen nach dem Verhältnis
von Mystik und Magie, die in einem späteren Kapitel noch einmal
berührt werden.

Ist somit alle Religion irgendwie mystisch, so trägt darum nicht
umgekehrt alle Mystik religiöses Gepräge. Nur solche Mystik ist religiös
geartet, welche in die ewige Einheit des Lrwesens mündet und
in ihr die letzte tiefste Wurzel findet. Nicht religiös ist demnach alle
kosmische Mystik, sofern sie nicht auf den ewigen Genius des Lebens
bezogen ist.

Auf anderen Wegen als die Religion strebt die Philosophie zu den
letzten Dingen. Sofern philosophisches Erkennen auf Klarheit und
Deutlichkeit zielt, begriffliche Reinheit anstrebt, ist es mystischer,
Völlens mystizistischer Geisteshaltung entgegengesetzt.

Dieser methodische Sachverhalt aber schließt nicht aus, daß
mystische Elemente auch in philosophischen Systemen aufzeigbar sind,
sei es in dem Inhalte der in ihnen niedergelegten Urteilen, sei es in
dem tiefsten Quell, aus welchem die Konzeption der Weltanschauung
sich herleitet.

Mystisch ist in der Lehre des Pytagoras die Idee der Sphärenmusik
als eine auf das Weltall angewandte Zahlenspekulation. Mystiker
ist Piaton als Fürsprecher der ^göttlichen Trunkenheit (theia mania) ,
die sich mit dem Schauen der Ideen verbindet, und des Eros als der
treibenden Kraft im Reiche des Lebendigen. Ekstase und Schauen des
Ur-Einen bilden die mystische Krönung des neuplatonischen Systems,


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