Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 609
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Buchner: Phantasien am Klavier auf medialer Grundlage. 609

Neben der freien Phantasie stehen dann andere Leistungen Annelieses
, die irgendwie suggestiv durch mich mitbestimmt oder beeinflußt
wurden. Ich habe sie daran gewöhnt, daß ich ihr entweder
unmittelbar vor Beginn des Spiels oder auch während sie spielt Weisungen
übermittle, die sie sich dann in Autosuggestionen umwandeln
mag, um ihnen nachkommen zu können. So stelle ich an sie das Verlangen
, im Stil bestimmter Komponisten zu spielen, dji Stilform unter
Umständen unmittelbar zu wechseln, ein bestimmtes Thema zu variieren,
einen von mir oder einem anderen der Zuhörer gewählten Text musikalisch
zu illustrieren, eine programmatisch festgelegte Idee zu vertonen
. Es eröffnen sich bei diesen Versuchen vielfach neue Perspektiven
für ihre Musik, sie gewinnt inhaltlich an Breite und Tiefe und
bleibt vor der Gefahr der Uferiosigkeit bewahrt. Ueberaus erstaunlich
ist dabei die* Reichhaltigkeit der Palette, die Anneliese zur Verfügung
steht. Wenn sie in ihrem autobiographischen Artikel, den der „Revalo-
ßund" jüngst veröffentlichte, behauptet, daß ihr Spiel moderne Musik
niemals streife, so ist das durchaus ein Irrtum. Die Vertonungen, die
sie etwa für ein Dehmeisches oder Dauthendeysches Gedicht findet,
tragen durchaus modernen Charakter und liegen recht weit ab von
den klassisch orientierten Formen, in denen sie sich sonst mit Vorliebe
ergeht.

Weitere Möglichkeiten tan sich dadurch auf, daß Anneliese neuerdings
in ihrem entrückten Zustand auch singt. Ich stelle ihr dafür
den Text, und sie begleitet sich selbst. Die Versuche wurden von ihr
selbst erbeten, und sie verlaufen so günstig, daß ich es lebhaft bedauern
muß, aus pekuniären Gründen an eine technische Ausbildung
der Stimme vorläufig nicht denken zu können. Daß eine solide, t e c h -
nische Grundlage hier äußerst wünschenswert wäre, wird jedermann
ohne weiteres einleuchten, denn über technische Unvollkommen-
heit kann schließlich keine Inspiration der Welt hinwegtäuschen.

Selbstverständlich gilt das auch für das Klavierspiel. In Anbetracht
dessen, daß es Anneliese an jeder systematischen Ausbildung
und Uebung gefehlt hat, ist ihre Technik verwunderlich. Verwunderlich
vor allem auch die Kühnheit, mit der sie sich in komplizierte technische
Abenteuer stürzt und mit den primitivsten Fingersätzen der
größten Schwierigkeiten Herr zu werden sucht. Ein oft sehr interessanter
und imponierender Kampf, den die Inspiration, den geistiges
und künstlerisches Wollen (selbstverständlich unbewußtes Wollen)
gegen handwerkliche Unvollkommenheit, technisches Unvermögen
führt! Die Inspiration erkämpft sich, selbst auf diesem schwierigen
Felde, bei ihr viele bemerkenswerte Siege. Aber schließlich gibt es da
für sie doch ein: Bis hierher und nicht weiter. Ich nehme freilich an,
daß eine Vorwärtsentwicklung hier nicht ausgeschlossen ist, denn die
Uebung stärkt auch beim medialen Künstler (man denke nur an die
Malmedien) die handwerkliche Sicherheit.

Zum Schluß möchte ich zur Vervollständigung des Bildes noch
erwähnen, daß Anneliese, ehe wir in die gemeinsame Arbeit eintraten,

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