Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: VII
(PDF, 206 MB)
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VII —

hatte sich eine tiefe Neigung entwickelt. Jeder wußte, wie es um den
andern stand, aber nie war unter den gegebenen Verhältnissen auch
nur ein andeutendes Wort hierüber über beider Lippen gekommen.

Am Spätnachmittag nach der Krankenvisite pflegt im Krankensaal
eine eigentümliche Ruhe zu herrschen. Die meisten druseln ein wenig ;
die Schwester geht leise von Bett zu Bett und mißt die Temperaturen.
Jeder der den Krankenhausbetrieb kennt, weiß um die eigentümliche
Stimmung in dieser Feierabendstunde. Auf einmal hört die Schwester
ihren Vornamen rufen. Sie stutzt, übersieht die Reihe der Kranken,
aber in keines Gesicht kann sie erkennen, wer sie gerufen habe. Sie
überlegt, daß sie sich zur Wahrung ihrer Autorität nicht gefallen
lassen dürfe, daß man sie so einfach beim Vornamen ruft; sie müsse
verlangen, daß man Schwester Ida sage. Da ertönt ihr Name noch
einmal dringlicher, wie aus der Ecke des Saales her. In einer eigentümlichen
Beklommenheit tastet sie wieder die Gesichter der Kranken
ab, wieder hat sie keiner von diesen gerufen. Da ertönt die Stimme
zum dritten Male durch den Saal und einer der Kranken darauf ganz
laut: ,,Schwester Ida, hören Sie nicht? Es ruft Sie jemand." Aber es
war nicht festzustellen, wer sie so gerufen habe.

Von namenloser Unruhe gepackt, eilte sie ans Telephon und ließ
sich mit zu Hause verbinden, in dem Gefühl, es müsse doch irgend
etwas geschehen sein; aber man beruhigte sie, es läge nichts vor. Am
anderen Morgen jedoch mußte sie folgendes erfahren. Um die Stunde,
als dreimal die Stimme im Krankensaal ihren Vornamen rief, war der
heimlich geliebte Mann in einein Dachsbau verschüttet worden. Er
war mit einem Forstgehilfen dort eingedrungen, der Hund voran, er
nach. Der Forstgehilfe hatte ihn noch gewarnt, er solle das nicht tun.
Das Dünengelände sei unsicher. Er hatte sich aber nicht warnen lassen.
Der Forstgehilfe war ihm nachgekrochen, hatte sich aber noch herausarbeiten
können, als der ganze Bau zusammenbrach. Man hörte noch
den Hund ein paarmal jifzen, dann war alles still, und nach verzweifelter
Arbeit hatte man nur den Leichnam des Mannes und seines
Hundes her ausgraben können.

Das Wesentliche an diesem Bericht besteht darin, daß auch hier
die Erscheinung nicht den rein subjektiven Charakter trug, den man
solchen Ereignissen für gewöhnlich zuzubilligen geneigt ist. Es war
also n i c h t an dem, daß hier nur eine innere Stimme, eine innere
Ahnung, eine rein subjektive Erregung sich zu einem halluzinatorischen
Vorgang verdichtet hatte, sondern auch andere
Menschen, die mit den inneren Beziehungen dieser Beiden gar nichts
zu tun hatten, hatten das Rufen deutlich vernommen.
Das hebt den Vorfall aus der Reihe dieser Vorkommnisse nicht nur
heraus, sondern ist genau wie die gewaltsam angehaltene Uhr ein Beweis
dafür, daß Erscheinungen dieser Art überhaupt ein objektiver
Charakter zuzubilligen ist, nur daß es diesmal so vor sich ging, daß
der Beweis dafür sich ohne weiteres von selbst ergab.- Ahnungen sind
unter Umständen als so etwas wie Wahrnehmungen.


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