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12 Über die verschiedenen Arten, die Bienenzucht zu betreiben.
Schwarmbienenzucht auch einzelne Stöcke gelte — d. h. sie schwärmen
nicht; dies hindert aber nicht, beide Arten der Bienenzucht als
wesentlich verschieden zu betrachten.
a) Die Zeidelbienenzucht.
Ich nehme diese Benennung in Anspruch, weil sie ebenso alt als
das Wesen dieser Art der Bienenbehandlung ist. Zeidler hießen vor
alters in Deutschland die Besitzer einer Anzahl Bienenstöcke, die sie
in ausgehöhlten Waldbäumen in ihren Zeidelheiden hatten; so wie
noch jetzt diese Art der Bienenzucht bei den Tataren und Baschkiren13
) im Gange ist, deren mancher bis 500 Bienenstöcke in den
Wäldern zerstreuet und in eigen dazu in den Bäumen ausgehauenen
Höhlungen besitzt.
Die alten deutschen Zeidler hatten in einer abgegrenzten Waldgegend
jeder das ausschließliche Recht, Beuten auszubauen und Bienen
darin zu halten, wofür sie eine Abgabe an den Waldbesitzer entrichtetem
Nach der Größe dieser Waldflächen bestanden die Berechtigungen in
ganzen oder halben Zeidelgütern, Muttergütern usw. Eine Anzahl
von Besitzern solcher Güter bildeten eine Zeidler-Ge[7]meinde,
die ihre eigenen Richter und Vorsteher hatte. Man sieht hieraus, daß
die Bienenzucht schon vor Jahrhunderten in Deutschland betrieben
wurde und im Ansehn war. So hing die Zeidlergemeinde in Nürnberg
unmittelbar vom Kaiser ab, der ihr im Jahre 1350 durch ein
besonderes Diplom ihre Rechte erneuerte *)14).
Die Waldbeuten wurden hoch von der Erde in starke Bäume ausgehauen
und mit einem Brette verschlossen. Die Bienenschwärme
zogen meist freiwillig in diese Beuten und wurden darin im Frühjahr
gezeidelt. Ohne Zweifel schwärmten die Bienen nur selten aus diesen
ihnen bereiteten Wohnungen, da letztere von außerordentlicher Größe
waren, und es mußte den Zeidlern auch wohl daran liegen, daß ihre
alten Beuten in einem Zustande blieben, um sie zeideln zu können,
mehr als an vielen Schwärmen, von denen es ungewiß blieb, ob sie
nicht in benachbarte Bienengehege ziehen würden, wohin ihnen der
Eigentümer nur so weit folgen durfte, als er von seiner Grenze rücklings
mit der Zeidelaxt werfen konnte.
Es ist der Natur der Bienen gewiß am angemessensten, in den
Wäldern und in voneinander entfernten Wohnungen zu leben. Der
Wald gewährt ihnen Schutz gegen die Winde, und der getrennte Aufenthalt
verhindert manche nachteilige Folgen, die das Zusammenstehen
einer größern Anzahl von Bienenstöcken nach sich zieht. Noch jetzt
*) Schuuchs Waldbienenzucht. Herausgegeben von Voc*l, Breslau 1774.
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