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Ramdohr und die Doppelvolkbetriebsweise.
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zweierlei Maß auf dem Stand. Viele Doppelvolkbetriebsweisen (z. B.
die in Blätterstöcken) bleiben zudem nicht beim Zwilling stehen, sondern
setzen größere festgefügte Stapel voraus. Dabei vermag ich die Notwendigkeit
all dieser Umstände keineswegs einzuse hen, im Gegenteil
die an sich beachtenswerten Kunstgriffe der Doppelvolkbetriebsweise
sind nichts anderes als die Umbildung von längst geübten Kunstgriffen
des Korbschwarmimkers. Heute muß man sich bei der Doppelvolkbetriebsweise
diese Errungenschaften zurückkaufen um den Preis von
Künsteleien, ja Mißständen (siehe oben die zwei Punkte1) deswegen, weil
— vorübergehend ! — die Stockbeweglichkeit bei den meisten deutschen
Imkern leider verloren gegangen ist. Die Doppelvolkbetriebsweise ist
ein Versuch, Schwarmzucht im u n be w eg liehen Stapel zu treiben.
Bei aller Achtung vor den Erfindungsleistungen eines ECeding, Bayer,
Weidemann und Schmitz, glaube ich nicht, daß dies auf die Dauer geht.
Die Lüneburger (Holländische) oder die Bogenstülperlagd, fast alle antiken
Stapelungsweisen (insbesondere viele römische, verwandt mit
der chinesischen!), die Einzelaufstellung des (rauhen!) < tetpreußens und des
ganzen slavischen Ostens, die Freiaufstellung der genialsten Mobilerfindung
der Langstrothbeute, die von Nord- und Südamerika aus
ihren Siegeszug um die Welt (Japan, Orient, romanische Länder und
England) beinahe vollendet hat auch in Deutschland marschiert sie
langsam, aber sicher —, sie alle reden Uberlaut von den Vorteilen der
mobilen Aufstellung.
Die Doppelvolkbetriebsimker töten wohl im Herbst die eine Königin.
Die Zahl der zu überwinternden Völker setzen sie herab (andere überwintern
ein Reseryevolkf). Dem Doppelvolkbctrieb in scaner echten
Ausbildung ist schon von den Einrichtungen der Beute der Weg genau
und zwangläufig vorgeschrieben, denn sonst funktioniert diese Einrichtung
nicht, oder sie wird wenigstens zum guten Teil umsonst angeschafft
. Ob aber immer Wetter und Tracht, Stimmung und Gesundheit
des Volkes, Geschick und Zeit des Imkers so zwangsmäßig verlaufen
? Bei der Einzelaufstellung (Stockbeweglichkeit) herrscht die
größte lYeiheit. Der Mobilimker braucht nicht alle Kunstgriffe der
Heideimker zu kennen, aber es ist schade, daß der „größte Imkerpraktiker
Deutschlands", Gravenhorst, der die Mobiltechnik ebenso wie
die verblüffenden Volksvcrmehrungskünste der besten Heidezüchter beherrschte
, ja beide in glücklichster Weise vereinigte, heute so wenig
mein- gekannt wird: Wenn ein Volk geschwärmt hat, kann man die
schönste längst geübte Flugumschaltung der Flugbienen dadurch erzwingen
, daß der Schwärm auf die alte Stelle kommt und das Muttervolk
auf eine neue. Das Muttervolk kann man zur sicheren Ver-
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