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Ramdohrs Versuche im Lichte der heutigen Bienenzucht.
Schonung erfreuen oder gar neuen Boden gewinnen, dann würden
mehr noch wie bisher in vielen Gegenden Körbe und Kasten nebeneinander
stellen und unter Umstanden nebeneinander zu Seuchenherden
werden. Das wäre aber sehr gefährlich und ein Fall, der dem neuen
Bienenseuchengesetz die größten Schwierigkeiten bereiten würde. Ein
Korbvolk kann man zwar leicht unschädlich machen, wenn es wirklich
verseucht sein sollte. Aber man kann es nur mit großer Umständlichkeit
, die nicht jeder Imker ohne weiteres sich gefallen lassen wird, auf
eine bestimmte Krankheit zuverlässig untersuchen. Und noch schwerer
müßte es halten, eine ganze Reihe von Korbvölkern »mit Mann und
Maus« zu vernichten, ohne daß man dem betreffenden Korbimker streng
beweisen kann, daß seine Körbe tatsächlich alle faulbrütig usw. sind.
Einen untersuchenden Blick in ein Mobilbrutnest durch einen Faulbrutinspektor
kann ein Gesetz erzwingen, weil dies kein eigentliches ( >pfer
für einen Bienenwirt bildet. In Neuseeland wurde deswegen die
Bienenhaltung in Körben kurzerhand verboten. Der Korb ist in
echten Heidegebieten .*), wto der Wabenbau viel erneuert wird und Verschleppung
von Volk zu Volk wegen des Stabilbaues weniger zu befürchten
ist, an sich nicht der gegebene Seuchenherd **). Sehr schlimm
ist es aber, wenn Körbe zwischen verseuchten Kasten stehen, und
doppelt schlimm, wenn diese Körbe nicht kunstfertigen, umsichtigen
Heideimkern, sondern lässigen Bienenhaltern gehören. Oben S. 87
folgerten wir: Die Kastenbienenzucht steht hoch, ist aber nicht überall
(schon) am Platz. Hier erkennen wir: Die Korbbienenzucht wird durch
Ramdohrs unerbittliche Versuche in ganz „neues" Licht gesetzt. Aber
auch sie ist keineswegs überall am Platz. Wohin gehört aber nun der
Korb und wohin der Kasten. Wohin sodann der schwärm freie Betrieb
und wohin der Schwarmbetrieb ? Ramdohr zeigte uns, daß diese Fragen
viel weniger spruchreif sind, als wir bisher glaubten. „Aber gerade
deswegen sind sie des Schweißes der Besten wert" (Vorwort des
Herausgebers S. 6).
Ramdohr ist also alles in allem zwar nicht ein Mann des Umsturzes,
weder für damals noch für heute, wohl aber eilte er als einer der Väter der
wissenschaftlichen Bienenzuchtbetriebslehre, altvergessenc Erfahrungen
wissenschaftlich ergründend, seiner Zeit soweit voraus, daß die letzten
100 Jahre Bienenzucht zu ihrem Schaden ihn vergaßen und auch wir
heute nur zu unserem Schäden seine Versuche unbeachtet lassen dürfen.
*) Das deutsche Bienenseuchengesetz wird natürlich nicht umhin können,
auf die Heideuebiete besonders Rücksicht zu nehmen.
**) Auch der Musterstand Ramdous wurde allerdings im Jahre 1828 von
der .,Faulbrut'' heimgesucht (vgl. Zahlenbild 3).
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