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dafs das Brustbein und die Puppen nicht aus diesen mehr oder weniger
ausgebildeten Kiemen selbst, sondern weit hinter denselben ihre
Entstehung nehmen.
2) Das Brustbein und die Flippen der höheren Wirbelthiere entstehen, wie
wir jetzt hinreichend wissen, aus dem äufsern oder dem serösen Blatte
der Keimhaut, und gehören zu demjenigen Skelete, welches Carus
in seinen spätem Werken das Nervenskelet genannt hat. Das Kiemengerüste
der Fische dagegen gehört, wie Carus in spätem Jahren gelehrt
hat, zum Eingeweideskelet, und ist, was ich aus eigenen Untersuchungen
weifs, ein Erzeugnifs des innern oder des mukösen Blattes
der Schleimhaut. Für diese letztere Angabe spricht nicht blos der
Umstand, dafs es zunächst der zur Verdauungshöhle gehörigen Schleimhaut
liegt und auf's innigste mit ihr verbunden ist, sondern es lehrt
auch, wenn man einen Fisch auf seine Entwickelung untersucht, der
Augenschein, dafs sich in der Gegend, wo die Kiemen entstehen, an
der untern Seite des Körpers das Schleimblatt und das seröse Blatt
der Keimhaut aus einander begeben, dafs zwischen beiden das Herz
seine Entstehung nimmt, und dafs an dem dort freiliegenden Theile
des Schleimblattes sich diejenigen Knorpel bilden, welche späterhin
die untern Stücke der Kiemenstützen darstellen.
Eine grofse Anzahl von Untersuchungen, die ich hierüber an Vögeln
und Säugethieren angestellt habe, setzt mich in den Stand, diese Aeufserung
mit Bestimmtheit aussprechen zu können.
§. 46. Nicht weniger irrig ist die Meinung Geoffroy's *), dafs dem
Brustbeine der höhern Thiere diejenigen Knochen oder Knorpel der Fische,
welchen die Kiemenhautstrahlen angeheftet sind, nebst dem gewöhnlich zwischen
ihnen befindlichen Verbindungsstücke, also das von Cuvier sogenannte
Zungenbein, entsprächen, den Rippen der höhern Thiere aber die
Strahlen der Kiemenhaut. Denn da der Brustkasten der höhern Thiere nicht
vor, sondern hinter den Kiemenandeutungen derselben entsteht, die Kiemenhautstrahlen
der Fische aber nebst denjenigen Theilen, welchen sie ange-
*) Annales du Museum, iom X., und Fhilos. aiiatomique, pag- 57 — 137.
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