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mit ihrer Grundfläche hinter der Gehöröffnung befestigt ist, dafs sie aber,
wenn sie und der Kiemendeckel der anatomischen Bedeutung nach einander
analog wären, vor jener Oeffnung liegen müfste, weil der Quadratknochen
der Vögel und Amphibien vor dieser Oeffnung seine Lage hat.
Was die Hypothese von G. R. Treviranus anbelangt *), dafs der Kiemendeckel
gleichbedeutend mit dem Schlüsselbeine sei, so wäre dagegen zu
erwähnen: 1) dafs bei den höhern Wirbelthieren das Schlüsselbein hinter dem
Kiemenapparate, der Kiemendeckel aber vor demselben sich bildet; 2) dafs
in dem Brustgürtel für die vordem Extremitäten der Fische sich schon ein
Theil befindet, der dem Schlüsselbeine der höhern Thiere entspricht.
Ferner wäre anzuführen, dafs Blainville und Bojanus die Meinung
geäufsert haben, es sei der Kiemendeckel ein besonderer Anhang des Unterkiefers
**), und zwar deshalb, weil bei den Fischen in jeder Hälfte des Unterkiefers
höchstens nur 3 Knochenstücke, bei den Krokodilen und Vögeln
aber 6 solcher Stücke vorkämen; die drei fehlenden Stücke aber im Unterkiefer
der Fische sollten versetzt, verändert und zu einem andern Zwecke verbraucht
worden sein. Diese Meinung wird jedoch dadurch widerlegt: 1) dafs
nach den Angaben von Geoffroy und J. F. Meckel auch bei manchen
Fischen in jeder Unterkieferhälfte mehr als 3, ja mitunter sogar 6 verschiedene
Knochenstücke vorkommen ***); 2) dafs die Bairachkr und Ophidier
ohne Anwesenheit eines Kiemendeckels in jeder Unterkiefernälfle selbst weniger
Knochenstücke, als die meisten Fische, besitzen ****).
Noch eine andere Ansicht über die Bedeutung des Kiemendeckels hat
Geoffroy vorgetragen **♦**). Nach ihm sollen die verschiedenen Stücke
dieses Skeletantheiles den Gehörknöchelchen der höhern Wirbelthiere entsprechen
. Was er zur Begründung dieser Ansicht weitläuftig vorgebracht
*) Die Erscheinungen und Gesetze des organischen Lebens. Bd. I. S. 264.
**) Bulletin des seiences vom Jahr 1817. und Isis von ISIS. Heft 1.
***) Geoffroy in der Phil, anafomique, Seite 33., und Meckel in dem System der vergl.
Anatomie, Bd. II. Abtheil. I. Seite 364.
****) Meckel an demselben Orte, Seite 366.
*****) Philosophie anaiomique. Vol. I.
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