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VIII
Nizza und der Zoologischen Station zu Napoli; Exemplare von Petromyzori kamen mir lebend von Elfkarleö in
Schweden zu. In Hamburg erhielt ich, durch gefällige Unterstützung des Herrn Doctor H. Bolau, lebende
Störe, Amphibien (u. A. Menopoma) und Eeptilien. In Paris (Jardin d. Plantes) bekam ich ebenfalls Amphibien
und Eeptilien, durch die Güte der Herren Prof. de Quatrefages, Vaillant und Dr Sauvage. In London
(Zoological Gardens und bei den Naturalienhändlern) gelang es mir vor Allem einen lebenden Protopterus
sowie verschiedene andere Fische und Eeptilien zu erhalten und spreche ich hierfür den Herren Sir John Lubbock,
Prof. Huxley, Prof. Dr Günther, Prof. Flower, Prof. Sclater sowie allen denen, die mir ihre freundliche
Unterstützung zu Theil werden Hessen, meinen innigsten Dank aus.
Von mehreren anderen wichtigen Thieren (wie Lepidosteus, Amia, Ceratodus, Menobranchus, Amphiuma,
Siren u. s. w.) musste ich mich mit Spiritusexemplaren begnügen.
In genannter Weise konnte ich aus den verschiedenen Abtheilungen der Wirbelthiere zur näheren Untersuchung
folgende mehr oder weniger typische erwählen: 4 8 Fische (darunter 2 Cyclostomen, 3 Ganoiden,
38 Knochenfische, 8 Elasmobranchier, 2 Dipnoi), 15 Amphibien (darunter 10 Urodelen und 5 Anuren),
2 2 Eeptilien, 10 Yögel und mehrere Säugethiere. Hierdurch glaube ich bis auf Weiteres die wichtigeren
zugänglichen Typen studirt zu haben.
Ich habe es als nothwendig erachtet, das Gehörorgan eines jeden Thieres besonders zu schildern. Da
es aber eine allzu grosse Weitläufigkeit verursacht haben würde, wenn ich von einem jeden eine eingehende
Beschreibung geliefert hätte, so habe ich allein diejenigen, welche mir interessant erschienen und zugleich in hinreichendem
Materiale vorlagen, eingehender geschildert und von den übrigen nur eine gedrängte Darstellung gegeben.
Vor Allem schien es mir wichtig, gute und genaue Abbildungen eines jeden Gehörorgans der Beschreibung
desselben beizufügen und habe ich weder Mühe noch Opfer gescheut, um diesem Prinzip getreu sein zu können.
Ich habe alle Figuren, hinreichend vergrössert, mit eigener • Hand nach der Natur gezeichnet, da ich allzu wohl
erfahren habe, wie schwierig oder auch oft unmöglich es ist, die fraglichen Gegenstände von nicht Sachverständigen
gut und richtig abgebildet zu erhalten. Die Gravüre der Tafeln ist von den besten mir zugänglichen Künstlern
in Stein oder Kupfer ausgeführt worden. Für sämmtliche Figuren habe ich, weil von den meisten Forschern dazu
benutzt, das rechte Gehörorgan erwählt.
Zum Zwecke der Bezeichnungen der verschiedenen gröberen und feineren Theile habe ich möglichst selten
neue Namen gebildet. Dagegen habe ich, anstatt einiger, erst in späterer Zeit eingeführter Namen, ältere, die
mir besser erschienen, angewendet. So habe ich z. Bsp. statt der Bezeichnungen: »sagittaler», »horizontaler» und
»frontaler» Bogengang, welche im ganzen gar zu wenig dem Sach Verhältnisse entsprechen, und statt der noch weniger
passenden Benennungen: »sagittale», »horizontale» und »frontale» Ampulle, die alten Namen: vorderer,
äusserer und hinterer Bogengang (Canalis membranaceus anterior, externus und posterior) und vordere, äussere
und hintere Ampulle (Ampulla anterior, externa und posterior) wieder aufgenommen. Die beiden Hauptäste des
Acusticus habe ich, da mir die alten Namen weniger gegen sich zu haben scheinen als die neueren, in Ueberein-
stimmung mit älteren Anatomen, anstatt Eamus »vestibularis» und »cochlearis», Bamus anterior und posterior benannt.
Die haartragenden Zellen der Nervenendstellen nenne ich nunmehr (nach Waldeyer u. A.) Haar seilen und sämmtliche
zwischen ihnen befindliche Zellen Fadenzellen, wenngleich unter dieser Benennung die Fadenzellen sowohl als
die Basalzellen Max Schultze's einbegriffen werden.
Leider ist dieses Werk so voluminös geworden, dass es unmöglich wurde, Alles in einem Buche zusammen
erscheinen lassen zu können. Die Vorbereitungen zur zweiten Hälfte sind aber bereits so weit vorgerückt, dass
dieselbe hoffentlich nach nicht allzu langer Zeit veröffentlicht werden kann.
Der Text wurde von mir selbst deutsch geschrieben; die Herren Dr C. Gercke und P. Berndt aus Deutschland
hatten indessen die Güte die Correcturbogen durchzugehen, um die Sprachbehandlung zu verbessern, wofür
ich genannten Herren meinen besten Dank ausspreche.
Stockholm im Februar 1881.
GUSTAF RETZIUS.
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