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überwiegend. In Taf. TI, Fig. 10 habe ich fünf solche Nervenzellen von verschiedener Grösse abgebildet. Ich habe
mit Bestimmtheit immer nur bipolare Nervenzellen beobachtet. Alle stimmen im Bau überein. Der Zellenleib ist
hell feinkörnig, und führt sehr oft eine Ansammlung gelblicher Pigmentkörner. Gegen die Ausläufer hin ist die
körnige Beschaffenheit des Protoplasmas weniger scharf ausgeprägt, mehr längsgestreift. Der grosse Zellenkern führt
einen rundlichen Kernkörper. Die Nervenzellen liegen in eine einfache, helle, sehr schwach feinkörnige Scheide
eingeschlossen, welche ein Paar ovale, platte Kerne führt und sich direct in die Scheide der Ausläufer-Nerven fasern
fortsetzt. Oft findet man die Zellenscheide Fast vollständig von der Zelle ausgefüllt, hie und da liegt sie räumlicher
um die letztere; wahrscheinlich hängt dies meistens von einer Zusammenziehung des Zellprotoplasmas ab; hei schlechter
Erhärtung sieht man sogar die Zelle zackig von der Seheide zurückgezogen. Die Gestalt der Nervenzellen ist
im allgemeinen schief birnfönnig; die beiden Ausläufer gehen gewöhnlich nicht ganz oppositipol aus, sondern die
Ursprünge sind einander etwas genähert, wodurch eben an der einen Seite eine grössere rundliche Ausbuchtung der
Zelle entsteht. Zuweilen ist diese Annäherung der Ursprünge der Ausläufer geringer, zuweilen auch recht bedeutend.
Der eine Ausläufer geht oft nach der Seite hin ab und biegt sich dann wieder in der Längsrichtung des Nerven
um. In Folge dieses Verhaltens wird oft durch die l'eberlagerung des Zellenkörpers der Ursprung des einen Ausläufers
verborgen, so dass auch bei unverstümmelter Zelle letztere unipolar erscheint. Von den beiden Ausläufern
ist der eine, der centrale, stets schmaler als der andere, der peripherische. Die Nervenzellen schieben sich, zu Reihen
angeordnet, nach aussen hin in die Nervenzweige ein. Diese sind aus parallel ziehenden Nervenfasern (Taf. II, Fig.
11) von etwa 0,0075 mm. Breite gebildet; schmalere sind aber auch vorhanden. Sie bestehen aus einem fein längsgestreiften
und schwach längskörnigen, in Carmin sich färbenden, etwas bandförmigen Axencvlinder von etwa
0,0.06 mm. Breite, welcher in eine helle, sich leicht etwas runzelnde, an ziemlich weiten Abständen lange, spindelförmige
Kerne führende Scheide eingeschlossen ist; keine Spur von Myelin ist zu linden. Zwischen den einander
ziemlich fest anhaftenden Nervenfasern findet man zerstreute, sehr verzweigte, platte IIäutchenzellen, welche
das Endoneurium bilden, und rings um die Granglien und Nervenzweige herum hegt die Perineuralscheide, welche aus
Lamellen von schönen Häutchen/.ellen besteht. Im ganzen stimmen also die Ganglien und Nervenzweige des Acu-
sticus vollständig mit den in den Studien des Nervensystems und des Bindegewebes» von A. Kky und mir bei Petro-
myzon beschriebenen, entsprechenden Theilen überein.
Noch bleibt aber ein Gebilde am membranösen Gehörlabyrinth der Myxine zu beschreiben übrig. Fs ist dies
der Ductus endolymphaticus {Aquaeductus vestibldi). Schon bei der Schilderung des Saccus communis wurde erwähnt,
dass an der oberen Seite desselben, in der Nähe seines lateralen Randes, eine trichterförmige Ausstülpung der Saccus-
wand sich vorfindet. Hei ganz vorsichtiger Präparation der in Carmin gefärbten Osmiumpräparate in Glycerin ist
es mir oft gelungen, in Zusammenhang mit diesem Trichter und als directe Fortsetzung desselben die in die Gehirnhöhle
hineinschiessende und dort sackförmig erweiterte und blind endigende Röhre zu erhalten, und kann ich somit
die Entdeckung Ketels von dem Vorhandensein dieses Gebildes bestätigen. Seinen Zweifeln in Betreff der Be-
deutung desselben kann ich mich aber nicht anschliessen; aller Homologie nach muss ich.es als einen wahren Aquaeductus
vestibuli oder Ductus endolymphaticus ansehen. Die Gestalt desselben wechselt so ziemlich; doch ist folgende
die allgemein geltende Form Taf. I, Fig. 1, 2 de). Nachdem der Trichter sich stark verschmälert hat, dringt er
durch ein besonderes Loch in der Deckmembran der knorpeligen Gehörkapsel (Fig. (> de), welches in der Mitte jener
Membran, eben in der Nähe ihres äusseren-oberen Randes, sich findet, in die Gehirnhöhle hinein. Dann erweitert sieh
die Röhre wieder schnell und läuft in ungefähr cylindrischer (1}estalt, zusammen mit einem grösseren Blutgefässzweig
an der lateralen Seite des hinteren Acusticusastes frei in der Hirnhöhle nach oben hin (Taf. I, Fig. (>, 1 () de),
erweitert sich zuletzt plötzlich und endet angeschwellt mit einer blind geschlossenen, rundlichen, aber abgeplatteten
Blase. In Taf. I, Fig. 14 ist ein vollständiger endolymphatischer (lang mit seinem trichterförmigen Ursprung
aus dem membranösen Gehörorgan im Längsdurchschnitt abgebildet; in Fig. L5ö! ders. Tafel findet man einen Theil
des Gebildes mit seinem blasigen medialen Ende. Die Wechselung der (iestalt des Ductus betrifft vorzuglich dieses
freie mediale Ende. Zwar kommen auch am cylindrischen Rohre einige Variationen vor; sie bestehen aus ringförmigen
Einschnürungen, welche dem Rohre zuweilen eine Perlenschnurform geben können. Das blinde mediale Ende,
der Saccus endolymphaticus, variirt jedoch öfter. Zuweilen ist es nur wenig weiter als das Rohr selbst, zuweilen —
und dies ist die Norm — bildet es eine lange und breite, abgeplattete, blasige Erweiterung, wie in Fig. I, 2,
15; in anderen Fällen ist es zwei- oder dreimal zu einzelnen blasigen Ausstülpungen abgetheilt. Betreffs des fei-
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