http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1881-1/0035
19
davon gelegenen kleinen Ausbiegung bat man den Recessus sacculi zu sehen; die hintere Abtheilung der Pars interna
der vorderen Ampulla trifida betrachtet Ketel als den Recessus atriculi. Besonders durch die angegebene Anord-
aung der Otolithen wird eine derartige Auffassung bestätigt; indessen hängt — wie bei der Mvxine — die Macula
acustica der letzt erwähnten drei Abtheilungen zusammen; man muss dieselbe als noch nicht in ihre verschiedenen
Theile differenzirt betrachten. Durch die angeführte Anschauungsweise lässt sich nach Ketee indessen das
Gehörorgan von Petromyzon mit dem der höheren Thiere eingehender vergleichen, und es bildet ein Verbindungs-
o-lied zwischen dem der Mvxine und dem der übrigen Wirbelthiere.
Hasse1 nahm die Untersuchung über die Frage vom Ductus endolymphaticus bei Petromyzon von Neuem auf.
Es stellte sich dabei heraus, dass die von Kktki, beschriebene untere, mit dickem kolbigem Ende ans dem Sulcus
frontalis hervorragende, in die vordere Zelle des Yestibulum sieh schlitzförmig öffnende Röhre, welche nach KlTEL
eher als ein Aquaeductus Cochleae zu betrachten ist, nach Hasse den Ductus endolymphaticus darstellt; das birn-
förmig angeschwollene Ende entspricht nach ihm einem Saccus endolymphaticus. Dagegen ist die von Kktki, gesehene
zweite, obere Röhre nur ein halbkugelförmiger Blindsack, welcher nach Hasse als ein Homologon der Ausbuchtung
, die sich bei vielen Teleostiern am oberen Ende der Commissur Bindet, angesehen werden könne.
Anatomische Beschreibung.
Tafel III.
Nach den so eben angeführten Untersuchungen anderer Forscher schien von vornherein in Betreff des
Gehörorgans von Petromyzon für einen Nachuntersucher nicht besonders viel hinzuzufügen zu sein. In der That
habe ich auch gefunden, dass die treffliche Arbeit Kjetel's die Verhältnisse genau wiedergiebt. Da ich indessen in
einigen Fragen von ihm etwas ditterire, und jedenfalls in dieser meiner Monographie Über das Gehörorgan der Wirbelthiere
eben das Gehörorgan der Petromyzonten nicht fehlen lassen möchte, habe ich hier eine gedrängte Beschreibung
desselben gegeben; ich habe zugleich eine neue Reihe von Abbildungen hinzugefügt, weil ich gefunden, dass die
Figuren, welche Kktki. sowie meine übrigen Vorgänger darbrachten, für ein näheres Verständniss des sehr verwickelten
Organes nicht hinreichend sind.
Die grössere Art, Petromyzon marinus, war mir nicht zugänglich; ich habe deswegen meine Untersuchungen
an dem kleineren Petromyzon iluviatilis anstellen müssen. Im November L879 bekam ich eine Sendung lebender
Thiere dieser Art aus Elt'karlebv bei DalelfVen. In tliessendem oder mehrmals täglich erneuertem, kaltem und hinreichendem
Wasser konnte ich die Thiere längere Zeit hindurch zu Hause lebendig halten. Ich versuchte verschiedene
Behandlungsweisen. Nach Bntköpfung des Thieres wurden die Weichtheile (Haut, Muskeln, etc.) des
Kopfes grösstenteils ab]>rä]>arirt, bis die Aussenseite der knorpeligen Ohrkapseln ziemlich frei lag. Dann wurde
entweder Chromsäure oder Müllersche Lösung oder Spiritus oder Goldchlorid angewandt. Oder auch wurde ein
kleiner Theil der Knorpelkapseln abgetragen, 80 dass das membranöse Labyrinth erschien, ebensowie so viel vom
Gehirn, dass nur der dem Gehörorgan zunächst liegende Theil zurück blieb; dann wurde das Präparat in Teberos-
miumsäure von 0,5 % eingelegt; nach etwa einer halben Stunde wurden dann neue Partien der Knorpelkapseln
abgetragen, bis die Säure das ganze Organ gut erhärtet hatte; dann wurde es in Eeale'sches Oarmin übergeführt.
Die meisten meiner Untersuchungen sind an solchen Präparaten gemacht. Noch besser erwies sich aber ein nur
mit Ueberosmiumsäure ohne folgende Carminl'ärbung behandeltes Material. Natürlicherweise wurde auch frisches
Material ohne Erhärtungsllüssigkeiten untersucht.
Die Lage und das Aussehen der knorpeligen Gehörkapseln (Taf. III, Fig. 15 gfy ermittelt man am besten
nach Behandlung des frischen Kopfes mit 20 % Salpetersäure; sie lassen sich dann sehr leicht rein präpariren.
1 C. Hassk, Die Lymphbahnen des inneren Ohres der 'Wirbelthiere, Anatomische Studien herausg. von Dt C. Hassk, Viertes Heft. Leipzig
187;).
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1881-1/0035