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Compaeetti giebt auch eine Reihe von Verschiedenheiten an, durch welche die Gehörorgane der einzelnen Fische
s i ch untersch eiden.
Etwa zu gleicher Zeit erschien die Arbeit Scarpa's1 über das Hörorgan. Seine Darstellung ist viel weniger
ausführlich als diejenige Comparetti's, stimmt aber im ganzen mit dieser überein; er bespricht sowohl das Gehörorgan
dieser Thiere im allgemeinen wie besonders beim Hecht und Froschfisch; er hat u. A. auch die blasigen Erweiterungen
der drei häutigen Bogengänge gesehen und an ihnen gefunden, dass je ein Nervenzweig in ein queres
Septum desselben eindringt und dort in einem Brei aufhört; Nervenzweige gehen ebenfalls zu den Stellen, wo die
drei Grehörsteine sich befinden.
Cuvier2 unterschied bei den Fischen die drei halbkreisförmigen, mit je einer blasenförmigen Anschwellung
versehenen Canäle und einen mehr oder weniger durch Einschnürungen getheilten Sack, der ausser dem gewöhnlichen
Brei ein, zwei oder drei Knöchelchen enthält; er hält diesen Sack als der Schnecke der höheren Thiere entsprechend.
Dann folgte die treffliche Arbeit von Kunst Heinrich Weber8, lieber das Gehörorgan der von ihm untersuchten
Knochenfische gab er eine allgemeine Beschreibung. Kr fasst sie zusammen unter der Rubrik >auris pi-
scium vestibulo cartilagineo aut osseo a cranii cavitate separate carentium». Das membranöse Labyrinth derselben
liegt nach ihm, ohne abgrenzende Haut, in der Schädelhöhle selbst, und von der Flüssigkeit der letzteren umgössen
. Am membranösen Labyrinth unterscheidet er ein Vestibül um membranaceum, einen Saccus und drei Ca
nales semicirculares. Vestibulum und Saccus stehen, obwohl sie durch Membranen vereinigt sind, nicht in offener
Verbindung unter einander, wovon er durch Tnjectionen bei (Vprinusarten und Clupea harengus sich überzeugt
hatte; ein Hinderniss, vielleicht ein dünnes Septum, finde sich also in dem bei Cyprinus, Süurus und Cobitis vorhandenen
, langen, vereinigenden CanaJ vor. Am vorderen weiteren, den Stein beherbergenden Ende des Vestibulun,
münden die blasigen Anschwellungen, die Ampullen, der vorderen und äusseren halbkreisförmigen Canäle; am hinteren
Ende desselben mündet die Ampulle des hinteren Canals und in der Nähe desselben das hintere Ende des
äusseren Canals; die übrigen beiden Enden des vorderen und des hinteren Canals fliessen zu einem Ductus zusammen
, welcher mitten am Vestibulum mündet. Der Saccus ist bei mehreren Fischen durch eine mittlere Scheidewand
in eine viel grössere vordere, eine kleine hintere Abtheilung getrennt, von welchen jede einen Stein enthält.
Jedes Labyrinth bekommt zwei Nerven, einen eigentlichen Nervus auditorius, welcher (vom Gehirn selbst, nicht
vom Trigeminus entspringend) die beiden vorderen Ampullen und das vordere Ende des Vestibulum mit Zweigen versorgt
, und einen Nervus auditorius accessorius, welcher zwei Zweige zu den beiden Abtheilungen des Saccus, einen zur
Ampulle des hinteren Canals, und ausserdem zwei Zweige, für die Kiemen bestimmt, absendet, In den Ampullen
gehen die Nerven in das quere Septum ein. Im Saccus dringen die Nervenfasern in die Höhle und befestigen sich
den Steinen selbst, welche dadurch gewissermassen aufgehängt werden; dies ist aber nicht der Fall bei der Ner-
enausbreitung des Vestibulum. Ausserdem hat aber Weber das Gehörorgan des Cyprinus, Süurus, Cobitis, Sparus
und der Clupea, bei welchen er besondere, nach ihm mehr vollkommene Hinrichtungen fand, in eingehender Weise
beschrieben Bei den Cyprinen, sowie bei Silurus und Cobitis fand er das membranöse Labyrinth durch Vermit-
telung eines Sinus impar und drei paariger mit den ersten drei Wirbeln vereinigter Knochen (Stapes, ineus, mal-
leus Weber) mit der Schwimmblase verbunden; bei denselben Fischen sah er auch hinten Löcher, welche er als
den' FenesteB vestibuli OSSei hielt. Bei anderen Fischen sind keine Ossicula auditoria vorhanden, sondern Canäle
gehen von der Schwimmblase bis zum Schädel und vereinigen sich in irgend einer Weise mit dem Gehörorgan. Bei
Clupea harengus fand Weber ausserdem einen queren häutigen Canal, welcher unter dem Gehirn die vorderen Enden
des Vestibulum des rechten und linken Gehörlabyrinths in der Weise mit einander vereinigte, dass Injectionen
des einen in das andere führten.
Umfassende und schöne Untersuchungen über das Gehörorgan der Knochenfische veröffentlichte dann Bre-
schet4 Er gab Beschreibungen und Abbildungen von Clupea alosa, Scomber scombrus, Munena conger und
anguilla, Lophius piscatorius, Salmo salar, Pleuronectes maximus, Perca labrax, Trigla gurnardus, Pterois volitans,
Esox lucius, Cyprinus carpio. Aus diesen Einzelbeschreibungen geht nun hervor, dass er am membranösen Gehör-
> Axt. SCA^A, Anatomie» disquisitiones de auditu et olfaetu Ticini 1789; in deutscher Versetzung unter dem Titel: Anton Sr,u,.,'s Anatomische
Untersuchungen des Gehörs und Geruchs, Nürnberg 1800.
a G. Cuvier, Lecons d'Anatomie comparee, Tom. U. _ •
- Ernst Heinrich Weber, De aure et auditu homims et ammahum ] ars I De aure ammahum aquatdmm. Lipsi* 1820.
* Gilbert Breschet, Recherches anatomiques et physiologiques sur 1 organe de 1 ome des pessons. Extrait d. Mem. de l'Academie des Sciences, Tom.
V des savants utrangers — Paris 1838.
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