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oder Ueberosmiumsäure sieht man aber, besonders nach Färbung mit Anilin, dies Gebilde ganz deutlich an der von
beiden Seiten her vorsichtig abgeschnittenen Ampulle; die Cupula erscheint dann als eine etwas verschieden hoch in
das Ampullenlumen hinaufragende kuppeiförmige Bildung (Fig. 7 cu), welche nach den Enden der Crista hin steil
abfällt, um dünn und abgeplattet neben der Cristagrenze an den Seitenwänden aufzuhören. Zwischen ihrer unteren
Fläche, welche auf der Crista liegt und der sie überall genau folgt, findet sich ein schmaler, spaltenförmiger Eaum,
m welchem man bei Vergrößerung die von der Crista sich erhebenden Haare hinaufragen sieht. Wenn man die
abgelöste Cupula von unten her betrachtet (Fig. 9), findet man, dass ihre untere Fläche die Gestalt der Crista
wiedergiebt, also in der Mitte beiderseits ausgehöhlt und schmal ist, um nach den Enden hin breiter zu werden, und
zugleich ist sie von einem Ende zum anderen concavirt. Ueber dieser unteren Fläche wird sie von vorn nach hinten
etwas dicker, aber zugleich in der Mitte der vorderen und hinteren Fläche etwas rinnenförmig ausgehöhlt (Fig. 8);
die beiden seitlichen Endflächen sind ebenfalls von vorn nach hinten concav. Die Cupula hat also gar keine reine
Kuppelform, sondern ist mit vier durch Firsten getrennten concavirten Seitenflächen versehen. Schon bei mittelstarker
Vergrösserung sieht man in der Cupula eine feine senkrechte Strichelung, deren Streifen von der oberen Endfläche,
wo sie dichtgedrängt enden, einander parallel nach unten ziehen, so jedoch, dass sie nach unten hin sich ein wenig
mehr von einander trennen oder divergiren, um an der unteren Fläche der Cupula ihr unteres Ende zu finden.
Bei stärkerer Vergrösserung sieht man nach vorsichtiger Zerzupfung, dass die ganze Cupula aus dicht aneinander
liegenden Fasern besteht, wie ich es genauer bei der Beschreibung des Gehörorgans der Eochen dargestellt habe. An der
unteren Fläche der Cupula findet man die zuerst von Hasse geschilderten, zahlreichen kleinen Löcher. Ebenso wie
beim Barsche habe ich die Cupula auch beim Hechte gefunden, und da sowohl die Gestalt als der Bau dieses
Gebildes mit derjenigen übereinstimmt, welche ich bei den Stören und den Plagiostomen gefunden, so halte ich es
für mehr als wahrscheinlich, dass die Cupula eine den Fischen allgemein zukommende Bildung ist. Jedenfalls stellt
sie nicht verklebte Hörhaare dar, sondern ist eine aus eigenthümlichen Fibrillen zusammengesetzte Deckmembran.
Der von der Ampulla anterior ausgehende Canalis m. anterior (Fig. 1, 2 cd) biegt sich nach vorn-oben und
dann nach oben-hinten-innen, um sich dann nach unten-hinten und endlich nach innen zu senken und in den
Sinus utriculi superior zu münden.
Die äussere Ampulle, Ampulla externa (Fig. 1, 2 a e, 10, 11), geht vom Dach des Eecessus utriculi aus, biegt
sich gleich nach aussen und dann nach vorn, um in den äusseren Bogengang überzugehen. Ihr Dach ist nach
hinten-innen gerichtet, ihr Boden nach vorn-unten. Sie ist kleiner und niedriger (Fig. 11) als die vordere Ampulle.
Das Septum transversum, zu dem der Nervenzweig von innen-hinten seitlich eindringt, ist sammt seiner Crista
acustica schmal, in der Mitte nur wenig erhöht; ein Planum semilunatum sieht man nur an der vorderen-oberen
Wand. Auf der Crista ruht eine Cupula terminalis (Fig. 11 cu, 12), welche niedriger als die der vorderen Ampulle
und nach dem hinteren-inneren Ende hin viel schmaler ist (Fig. 18). Der äussere Bogengang, Canalis m. externus
(Fig. 13 2 ce), ist verhältnissmässig kurz und schmal, geht fast im Zirkel nach aussen-hinten und dann nach innen
und vorn, der hinteren Ampulle anliegend, und mündet kraterförmig erweitert in den Utriculus, unmittelbar am
Abgang des Sinus superior.
Die hintere Ampulle, Ampulla posterior (Fig. 1, 2 ap), geht, wie erwähnt, nach hinten vom Utriculus aus,
wendet sich nach aussen-hinten, dem äusseren Bogengang (Fig. 15, 16) eine Strecke so dicht angeheftet, dass beim
Abtrennen letzterer zerreisst. Sie ist der Gestalt nach der vorderen Ampulle sehr ähnlich, erscheint aber nur etwas
mehr seitlich comprimirt und höher. In dem Septum transversum steigt der zweigetheilte Nervenzweig der Ampulle
nach der Crista acustica hinauf; letztere (Fig. 16 cu) hat etwa dieselbe Gestalt wie die der vorderen Ampulle, und
auf ihr ruht eine wie die der vorderen gebaute und gestaltete, nur etwas höhere und schmalere Cupula terminalis.
Nach hinten-aussen geht die hintere Ampulle in den hinteren Bogengang, Canalis m. posterior (Fig. 1, 2 cp) über,
welcher sich nach oben-aussen und dann nach oben-vorn und innen biegt, um zuletzt am oberen Ende des Sinus
superior in diesen einzumünden.
Am Boden des Utriculus, ungefähr in dessen Mitte, findet sich, in der Gestalt zweier kleiner und niedriger
Hügel, die Macula neglecta, welche ich früher als Homologa der Pars basilaris ansah und deswegen Papillse basilares
nannte. Diese Hügel sind oval und liegen (Fig. 1, 2, 5 mn) so dicht aneinander, dass es nicht selten erscheint, als ob nur
«ine Maculaplatte vorhanden sei. Zu jedem von ihnen geht ein schmaler Nervenzweig, welche beide Zweige aber beim
Abgang aus dem Eamulus lagena? zusammenliegen, nur einen Nerven, Ramulus neglectus, bildend (Fig. 1, 2, 5 rn).
Gr. Retziics: Das Gehörorgan der Wirbelthiere. I
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