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Hasse hat diese Substanz der Kürze wegen »Spindelknorpel» genannt und ich folgte seinem Vorgange. Bei der
Untersuchung der Cyclostomen und Plagiostomen wurde es mir aber immer mehr zweifelhaft, dass hier in der That
eine Knorpelsubstanz vorliegt, weniger deswegen, dass die in der Wand eingebetteten Zellen gewöhnlich sehr
verzweigt sind, sondern mehr ihrer ganzen Consistenz wegen und weil sie hie und da in bindegewebsartige Partien
übergeht. Eine darauf gerichtete, chemische Analyse des membranösen Gehörorgans von Perca und Esox gab kein
ganz entscheidendes Ergebniss1. In den Bogengängen und Ampullen ist die Wand am dicksten. Die ersteren
liegen, wie zuerst Eüdinger gezeigt hat, excentrisch in den knorpelig-knöchernen Canälen mit ihrem äusseren, con-
vexen Eande der Innenfläche der Canäle an; hier ist die Wand der Bogengänge etwas dünner als in dem übrigen,
mehr frei liegenden Umfange; ebenso ist das Dach der Ampullen in der Mittellinie dünner als an den Seitenwänden;
der Boden ist ebenfalls wieder dünner. In der homogenen Substanz liegen nun die Zellen mit ihren verzweigten
Ausläufern, theils mehr concentrisch, theils mehr schief die Wand durchziehend; ferner sieht man glänzende Linien,
Fasern ähnlich, in der Eichtling der Zellenausläufer die Substanz in Partien abtheilen; die Aussenfläche ist ziemlich
uneben, und hier befestigen sich Balken und Blutgefässe des perilymphatischen Gewebes; die letzteren dringen auch
zuweilen in die Wand hinein; besonders gilt dies von den Septa transversa der Ampullen, wo die Blutgefässe vielfache
Schlingen bis dicht unter dem Nervenepithel der Cristse hinauf senden. In diesen Septa sieht man auch ge-
wissermassen eine Schichtung der Grundsubstanz, indem von der Mittelebene aus, wie der Verticalschnitt zeigt,
Streifen, welche diese Schichtung andeuten, nach beiden Seiten ausgehen. Am Utriculus, Sacculus und der Lagena ist
die Wand dünner; sie besteht aus einer bald fast homogenen, bald deutlich streifigen, zuweilen sogar feine Fibrillen
führenden Grundsubstanz, in welcher sparsame Zellen mit kleinen verzweigten Ausläufern eingebettet liegen;
sie zeigt hie und da Andeutungen einer Schichtung und lässt sich zuweilen in dünne Blätter auflösen. An den
Maculae acusticse ist sie etwas dicker und enthält hier ausser den Zellen auch Blutgefäss-schlingen; die Aussenfläche
ist rauh und uneben und geht in Balken und Häufchen des perilymphatischen Gewebes über.

Die Innenfläche des häutigen Gehörorgans ist überall von einem einschichtigen Epithel bekleidet, welches im
allgemeinen aus gewöhnlichen polygonalen, mit ovalen Kernen versehenen Plattenzellen besteht. An einigen Stellen
ändert es jedoch seine Beschaffenheit; so in der sog. Eaphe der Bogengänge, an dem freien concaven Eancl
derselben, und in den Mittellinie des Daches der Ampullen, wo die Plattenzellen von den Seiten her kleiner und
höher werden und zugleich eine mehr spindelförmige Gestalt annehmen, um in der Mittellinie selbst wieder zu
kleinen Cylinderzellen zu werden. Ferner ändert das Plattenepithel seinen Character in der Nähe der Nervenendstellen
; in den Plana semilunata der Ampullen wird es zu einem Cylinderepithel, obwohl nicht so hoch als beim Hechte.
Dann haben wir auch in der Umgebung der Nervenendstellen der eigentümlichen Zellen zu gedenken, welche
zuerst Max Schultze als Cylinderzellen mit sternförmigem Querschnitt, dann Hasse als naschenförmige Pigmentzellen
, und ich als protoplasmatische Epithelzellen beschrieb. Diese eigentümlichen Zellen, für welche in der That eine
kurze und gute Benennung sich nicht leicht finden lässt, kommen an ziemlich bestimmten Orten vor, nämlich: rings
um die Macula sacculi und Papilla lagense, um die Macula rec. utriculi, wo sie im ganzen sehr reichlich vorhanden
sind, am Boden des Utriculus, zerstreut auch im Sinus superior und endlich in den drei Ampullen; in den letzteren
finden sie sich sowohl an den Seitenwänden in den beiderseitigen kleinen Grübchen am Uebergange zu den Bogengängen
als auch in der anderen Hälfte am Boden der Ampulle, von wo aus sie sich etwas auf den Seitenwänden
und dem Septum hinauf erstrecken. Es sind diese Zellen von sehr wechselnder Grösse und Gestalt, im frischen Zustande
etwas gelblich glänzend und von wenig körnigem Aussehen; erhärtet aber werden sie stark grobkörnig, besonders
in Ueberosmiumsäure, wodurch sie auch dunkel gefärbt werden. Sie haben eine verschiedene Höhe und
Hegen zwischen den Platten- resp. Cylinderzellen reihen- oder gruppenweise eingestreut, oft Inseln der anderen Zellenart
umfassend. Oft haben sie einen regelmässig polygonalen Querschnitt, öfter aber sind sie in verschiedener
Weise verzweigt, wobei sie Zweige zwischen die anliegenden Zellen hineinsenden, nicht selten mit vielen kleinen
nach allen Eichtungen ausstrahlenden Ausläufern oder kurzen Zacken. Früher hielt ich es für möglich, dass diese

1 Durch Maceration der membranösen Wand in neutralem Trypsin bei 38—40° C. löste sich schon nach zwei-drei Stunden die Interzellularsubstanz vollständig
auf unter Beibehaltung des schönen, fein verzweigten Zellennetzes. Hierdurch lässt sich zwar, wie von vornherein zu ersehen war, ein Gehalt der Wand
an fibrillärem Bindegewebe ausschliessen. Ob aber ein dem mucösen Bindegewebe oder dem Knorpelgewebe mit verzweigten Zellen verwandtes Gewebe hier vorliegt
, kann ich nicht endgültig entscheiden. Die gereinigten paarigen Gehörorgane von 19 mittelgrossen Hechten wurden gütigst von meinem College Professor S.
Stenberg auf leimgebender Substanz geprüft; in Folge der immerhin unzureichenden Menge des Untersuchungsrnateriales wurde indessen kein ganz sicheres
Resultat erzielt. Möglicherweise giebt es aber noch eine Form von Bindegewebe mit nicht fibrillär zerfallener Grundsubstanz, welches Glutin nicht enthält; dann
kunne die membranöse Wand des Gehörorgans dazu gehören.


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