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den werden kann. Was die knöcherne Gehörkapsel und besonders die eigentümlichen, lufthaltigen Räume in derselben
betrifft, so habe ich nichts Sicheres hinzuzufügen. Mit Rücksicht auf das sog. Vorhofsfenster an der Gehörkapsel
der Clupea aber habe ich mich von der Richtigkeit der bisherigen Beschreibungen und der Deutung dieser Bildung
nicht überzeugen können; ich konnte hier keine wirkliche Oeffnung, sondern nur einen grossen und dünnen Knorpelfug
zwischen den die Sacculusgrube begrenzenden Knochen finden.
Das Gehörorgan von Esox lucius L.
Tafel XV. Fig. 1 — 13.
Das Gehörorgan des Hechtes, schon von Casserius und mehreren älteren Anatomen beschrieben, wurde in
späterer Zeit mehrfach untersucht und genauer geschildert. Ich selbst wählte es auch in meinen 1872 veröffentlichten
Untersuchungen zum Typus des Gehörorgans der Knochenfische und lieferte eine durch viele Abbildungen
erläuterte, eingehende Darstellung desselben. Vor einigen Jahren gab Kuhn noch eine neue, damit grösstentheils übereinstimmende
, in Betreff der feineren histologischen Fragen aber von der meinigen ziemlich abweichende Schilderung
des Gehörorgans desselben Fisches. Da ich jedoch bei wieder aufgenommenem Studium immer nur meine früheren
Ansichten bestätigen konnte, so scheint es mir nicht nöthig, von Neuem eine eingehende Darstellung davon zu geben
, und beschränke mich daher darauf, auf meine vorige Arbeit hinzuweisen1 und hier nut eine kürzere Beschreibung
nebst einigen wenigen Figuren mitzutheilen.
In die Zusammensetzung desjenigen Schädeltheils, welcher das membranöse Gehörorgan des Hechtes beherbergt
, gehen folgende Knochen ein: zwei unpaarige, nämlich Occipitale basilare und Occipitale superius, sowie vier
paarige, nämlich Occipitale laterale, Prooticum, Epioticum und Scßiamosum. Wenn man die aus diesen durch Knorpelfuge
vereinigten Knochen zusammengesetzte Gehörkapsel von innen her betrachtet, findet man am unteren Theil
eine tiefe, ovale, vorn zugespitzte Grube (Fig. 5, 6 fs), die Fovea sacculi et lagence, welche zur vorderen Hälfte
vom Prooticum, zur hinteren vom Occipitale basilare und laterale nebst einer diese drei Knochen verbindenden
Knorpelfuge gebildet wird. Nach aussen und oben von dieser Grube findet sich eine grössere Erhöhung, an welcher
der hintere Theil des Utriculus und sein Sinus superior liegen, und die von dem Occipitale laterale und superius
und dem Prooticum nebst einer sie vereinigenden, breiten Knorpelpartie gebildet ist. Vor dieser Erhöhung findet
sich am Prooticum eine rundliche, wenig tiefe Grube, in welcher der Recessus utriculi liegt, die Fovea recessus utri-
culi (Fig. 5, 6 fu). Nach oben und etwas vorn von derselben sieht man eine ovale, etwas tiefere Grube, deren
unterer Theil vom Prooticum, deren oberer vom Knorpel gebildet ist (Fig. 5, 6 fa a); in dieser liegt die vordere Ampulle
. Diese Grube setzt sich bogenförmig nach oben, hinten und innen als eine flache Rinne (ein Semicanalis
anterior), deren vorderer Theil vom Knorpel, deren hinterer vom Occipitale superius gebildet wird, fort. Nach oben,
nach aussen und hinten von der Fovea recessus utriculi findet sich eine rundliche oder etwas ovale Oeffnung, deren
untere Hälfte vom Prooticum, deren obere vom Knorpel gebildet ist, das Ostium canalis externi anterius (Fig. 5 o e);
von dieser Mündung geht (Fig. 6 ceo) in gebogener Richtung nach hinten, oben und aussen, dann nach innen und
etwas nach unten ein Canal (Canalis o. externus), dessen äussere, untere Wand vom Prooticum (Proc. squamosus),
Squamosum und Occipitale laterale, dessen obere und innere Wand dagegen vom Knorpel gebildet wird. Das hintere
Ende dieses Canals erweitert sich sehr und mündet nach hinten, oben und aussen von der Fovea sacculi et
lagense mit einer grossen, biscuitförmigen, ziemlich vertical stehenden Oeffnung (Fig. 5 oc), deren unterer
Gustaf Retzius, Studien über den Bau des Gehörlabyrinthes, I. Das Gehörlabyrinth der Knochenfische. Anatomische Untersuchungen. Stockholm 1872.
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