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die Fasern am dichtesten beisammen liegen, erscheinen sie am feinsten, und ist es daher schwer die Structur des
Gewebes herauszufinden, indem man dann nur Punkte, etwa wie in der Neuroglia, sieht; wo aber das Fasergewirr
etwas lockerer und die Fasern selbst etwas gröber sind, ist der Bau leichter zu beobachten. In diesem durch Membranen
und Balken in Eäume abgetheilten Schwammgewebe findet sich während des Lebens die klare Flüssigkeit.
Was das Verhalten des perilymphatischen Grewebes zur Wand des membranösen Gehörorganes betrifft, so konnte ich
keinen eigentlichen Zusammenhang mit derselben finden; es scheint, als ob das perilymphatische Gewebe nur an die
membranöse Wand sich anlegt; da aber, wo die Gefässe in dieselbe eindringen, ist der Zusammenhang ein inniger.
Das membranöse Gehörorgan liegt im allgemeinen dicht an dem Knochen und Knorpel mit einem nur sparsamen,
zwischenliegenden, perilymphatischen Gewebe; so auch in den beiden Canälen, wo die Bogengänge wandständig an
der äusseren Seite liegen, während das übrige, nicht geringe Lumen von diesem Gewebe erfüllt ist.
Am membranösen Grehörorgan des Hechtes unterscheidet man folgende Theile: Utriculus mit Sintis su-
perior, Becessus utricidi, Ampulla anterior, Ampulla externa, Ampulla posterior, die entsprechenden drei Bogengänge,
Sacculus mit Ductus endolymphaticus und Lagena Cochlea, und endlich die dem Hechte eigenthümliche Appendix
utriculi.
Von Nervenendstellen unterscheidet man sieben, nämlich: Macula ac. recessus utriculi, drei Cristce ac. am-
pullarim, Macula ac. sacculi, Papilla ac. lagena und die aus zwei neben einander liegenden Platten oder flachen
Hügeln bestehende Macula ac. neglecta.
Der Acusticus theilt sich sogleich in einen Bamus anterior, welcher sich in den Bamulus amp. anterioris,
den Bamulus amp. externes und den Bamulus recessus utriculi verzweigt; und in einen Bamus posterior, welcher den
Bamulus sacculi abgiebt, wonach der übrige Theil nach hinten verläuft und sich zuletzt in den Bamulus lagena'
und den Bamulus amp. posterioris spaltet, wobei sich an der Theilungsstelle der aus zwei getrennten Bündeln bestehende
Bamidus neglectus abzweigt.
Der Nervus acusticus und seine Zweige bestehen aus myelinhaltigen, breiteren und schmäleren Nervenfasern
und aus' zwischen denselben an mehreren Stellen eingestreuten Ganglienzellen. Die gröberen Nervenfasern, welche
im allgemeinen eine Breite von 0,01—0,015 millim., bisweilen aber von 0,02 millim. und noch mehr haben, zeigen
einen Axencylinder von 0,005—0,015 millim. Breite, eine dicke Myelinscheide, und eine sehr dünne Schwann-
sche Scheide. Die feineren Nervenfasern haben im Mittel eine Breite von 0,002—0,003, sind meistentheils zu Bündeln
gesammelt, zeigen viele Varicositäten und sehr dünne Scheiden. Beide Arten von Fasern, zwischen welchen
indessen auch Uebergangsformen wahrgenommen werden, finden sich sowohl im Stamme, als in den Zweigen des
Nerven bis in die Endigungsstellen hinein. Die Ganglienzellen sind auch grösser und kleiner, liegen theils im
Stamme des Acusticus in der Nähe seiner Theilung, theils aber und vorzugsweise im Eamus anterior und im
Beginne des Ramus posterior; hier finden sich dicht bei einander, zu ganglienähnlichen Gruppen geordnet — ohne
doch wirkliche Ganglien zu bilden — besonders die kleineren, 0,02—0,025 millim. langen, mit nur dünnen Myelinscheiden
umgebenen, rundlich-ovalen, bipolaren Zellen mit diametral in die Richtung der Nervernfasern ziehenden und in
dieselben übergehenden Ausläufern. Die grösseren Ganglienzellen dagegen, welche ebenfalls bipolar, mit diametral entgegengesetzten
, in die gröberen Nervenfasern direct übergehenden und mit ihnen gleichbreiten Ausläufern versehen,
etwa 0,03—0,055 millim. lang, 0,023—0,039 millim. breit und mit einer deutlichen, sie rings umgebenden, in die der
Nervenfasern übergehenden Myelinscheide, einem grossen Kern u. s. w. begabt sind, liegen meistentheils einzeln,
zuweilen aber einige beisammen im Ramus posterior, im Beginne des Ramulus sacculi, des Ramulus amp. extern»
und anterioris und des Ramulus rec. utriculi, nie aber, so weit ich gefunden habe, gegen das Ende der Ausbreitung
dieser Nervenzweige. Ihre Anordnung scheint übrigens etwas variabel zu sein; zwischen den Ganglienzellen
, wie auch zwischen den Nervenfasern, finden sich Blutgefässe und ein sparsames, kernhaltiges, in der Richtung
der Nerven gehendes, feinfaseriges Bindegewebe.
Der Utriculus (Fig, 1, 2, 8 u) ist ein langgestreckter, ziemlich horizontal und sagittal, doch von vorn etwas
nach innen und hinten verlaufender Canal; man kann ihn mit einem seitlich abgeplatteten Cylinder vergleichen. In
die hintere Hälfte des Utriculus mündet von oben her der Sinus superior (Fig. 1, 2 ss), welcher Canal in fast geradem
Winkel nach oben und etwas nach hinten-innen steigt; er ist verhältnissmässig kurz und breit, von ovalem
Sagittal-Durchschnitt und endet oben mit sehr kleinem Apex (Fig. 1, 2 ass), nachdem er die beiden erweiterten
verticalen Bogengänge aufgenommen hat. Vorn geht der Utriculus, sich erweiternd, in den Becessus utriculi (Fig. 1—3
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