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findet sich die beim Hecht von ihm gar nicht abgegrenzte »Lagena Cochlea» (Fig. 1 /), welche eigentlich nur aus
der länglich-ovalen Papilla ac. lagen® (Fig. 1 pl) besteht und mit einem im ganzen halbmondförmigen Otolithen (Fig.
1—2 o) versehen ist. Vom Sacculus geht mit einer nach innen vom Canalis utriculo-saccularis befindlichen, kleinen,
ovalen OefTnung der von mir früher »Ductus sacculi» genannte Ductus endolymphaticus (Fig. 1, 2, 7 de) aus, welcher,
an der medialen Seite des Sinus superior sich anlegend, innen von der Dura mater bedeckt, nach oben steigt, um
bald wieder blind zu endigen.
Was den feineren Bau des membranösen Gehörorgans betrifft, so werde ich hier versuchen, das Wesentlichste
kurz zusammenzufassen. Die eigentliche Wand besteht aus einem »knorpelähnlichen», festen, elastischen Gewebe,
dessen Grundsubstanz im allgemeinen homogen, nur hie und da gestreift ist; in ihr finden sich ziemlich zahlreiche
Zellen, deren Protoplasma in verzweigte Fortsätze ausläuft; bei flächenhafter Ausbreitung der Wand sieht man das
Netz dieser verzweigten Fortsätze; am Querdurchschnitt erscheinen diese Zellen als Spindelzellen (deswegen wurde
das Grewebe von Hasse und später von mir früher »Spindelknorpel» genannt). Die Wand hat an gewissen
Stellen eine verschiedene Dicke: am dicksten ist sie unter den Maculae acustica?, an den Ampullen und den Bogengängen
. Blutgefässe ziehen in ihr umher, besonders unter den Nervenausbreitungen (Maculae, Papilla, Cristae acustica
?); an diesen Stellen ziehen auch Nervenfasern, einzeln oder zu Bündeln vereinigt, durch, um in das Nervenepithel
herauszutreten. Dem Nervenepithel zunächst findet sich eine dünne Wandschicht, welche sehr homogen
und ohne Zellen ist und gewöhnlich als eine besondere Basilarmembran betrachtet wird, obwohl sie offenbar von der-
selben Beschaffenheit als die übrige Wand ist. Die Innenfläche des häutigen Gehörorgans ist überall von einer einfachen
Epithelschicht bekleidet, welche im allgemeinen aus polygonalem oder sogar spindelförmigem Plattenepithel
besteht; nur an einigen bestimmten Stellen verändert es den Charakter. In der Umgebung der Macula rec. utriculi,
Macula sacculi, Papilla lagense werden die Plattenzellen höher, und treten hier zwischen ihnen gelbglänzende, nach
Erhärtung stark körnige (durch Ueberosmiumsäure dunkelkörnige) Zellen auf, welche sehr verschiedene Gestalt darbieten
. Es sind dies die »Cylinderzellen von sternförmigem Querschnitt» Max Schultses, die »Pigmentzellen»
Hasse's und meine »protoplasmatische Epithelzellen». Sie sind bald einfach klumpenförmig, bald mehr cylindrisch
oder polygonal; oft aber sieht man an ihnen Fortsätze der verschiedensten Art und Gestalt, welche sich zwischen
die anliegenden Zellen einschmiegen oder sich über dieselben lagern. Die kleineren enthalten nur einen, die grösseren
aber oft mehrere Kerne; nicht selten schimmern indessen auch Kerne der unterliegenden Platten- oder Cylinderzellen
hindurch. Solche Zellen kommen auch vereinzelt im übrigen Utriculus, noch mehr aber in den Ampullen
vor, wo sie am Boden, in der utricularen Hälfte, sowie in den Gruben am Uebergang zu den Bogengängen,
sehr reichlich zwischen den übrigen Zellen eingesprengt vorhanden sind, theils mehr einzeln, theils in Gruppen. In
der Mittellinie des Daches der Ampullen findet sich eine Firste von höheren Zellen, welche sich auch in den
Bogengängen längs dem inneren concaven Umfang, der sog. Baphe, fortsetzt. Das Planum semilunatum der Ampullen
besteht aus sehr langen Cylinderzellen.
In Betreff des Baues des Nervenepitheles bin ich nicht über meine früheren Beobachtungen hinausgekommen.
Ich finde es deswegen am besten, hier aus meiner betreff. Beschreibung (Anatom. Untersuchungen 1872) einige
Auszüge mitzutheilen. Die Macida ac. recessus utriculi, welche an erhärteten Präparaten sich leicht von der Knorpelwand
ablösen lässt, erhöht sich ziemlich bedeutend vom umgebenden Epithel; sie ist aber, an Verticalschnitten
studirt, nicht überall von derselben Höhe, indem sie von den unteren Theilen, wo sie, die Hörhaare ungerechnet,
etwa 0,04—0,05 mm. misst, bis zu den oberen, welche etwa 0,oe mm. messen, stetig an Höhe zunimmt, Von der
inneren Fläche betrachtet, sieht man an der Macula eine Menge im allgemeinen rundlicher, rundlich-polygonaler
oder ovaler Figuren (von etwa 0,0037—0,0045 mm. Durchm.), aus deren Mitte man bisweilen nach oben gerichtete,
stabförmige Bildungen wahrnimmt. Zwischen den rundlichen Figuren finden sich mehr oder weniger, doch im allgemeinen
etwa 0,ooo8—0,oois mm. breite, gewöhnlich hellere Zwischenräume, von deren Zusammensetzung man bei
einer derartigen Flächenansicht kein näheres Verständniss erhält; die punktförmigen Bildungen, welche man bisweilen
m den Zwischenräumen sieht, schienen mir immer nur aus Körnern zu bestehen, und eine Differenzirung in Zellengrenzen
konnte ich nie mit Sicherheit wahrnehmen, nicht einmal an dünnen Flächenschnitten. Untersucht man
aber Verticalschnitte, so findet man der inneren (oberen) Fläche am nächsten eine einfache Lage von langen, cylin-
derepithelähnlichen Zellen mit ziemlich, aber nicht ganz gleich hoch in der Zellenlage liegenden, grossen Kernen;
aus der oberen Fläche dieser Zellenlage steigen borsten- oder haarähnliche Bildungen vertical auf, und zwischen den
Retzius: Das Gehörorgan der Wirbelthiere. 12
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