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so schnelle Verzweigung der Fasern (oder richtiger Axencylinder); sie theilen sich nämlich im allgemeinen dicho-
tomisch, und ihre Zweige wiederholen mit Zwischenräumen diese Theilungsweise einige Mal, bis sie sehr fein und
dann auch etwas varicös werden; zuweilen sieht man aber auch eine Theilung in mehrere Zweige schneller vor sich
gehen; nicht selten spaltet sich schon im Beginn der Theilung vom noch breiten Axencylinder ein feiner, varicöser
Faden ab; nie sah ich aber ein wirkliches »Zerfallen in Primitivfasern». Trotz aller Bemühungen, konnte ich das
Ende der feinen, varicösen Nervenzweige und den so sehr wahrscheinlichen, ja fast unzweifelhaften Zusammenhang
derselben mit dem unteren Ende der Haarzellen nicht finden. In der Nähe der Knorpelwand sah ich nie eine
Theilung der Nervenfasern.
An den äusseren Theilen der Macula hören die Haarzellen, welche hier im allgemeinen kaum weniger dicht
stehen, mit einer ziemlich bestimmten Grenze auf. Zwischen dieser Grenze und den oben beschriebenen, in der
Umgebung der Macula befindlichen Epithelzellen sieht man, besonders nach oben hin, eine Zone von Uebergangszellen.
An Verticalschnitten findet man nämlich an der oberen Grenze der Macula ihre obere Contour mittelst eines gerundeten
Abhanges in die des umgebenden Epithels übergehen; diese schmale Zone besteht aus schief nach der Macula
geneigten, geplatteten, ziemlich dünnen Cylinderepithelzellen mit ovalen Kernen in ihrem unteren Theile; diese Zellen
nehmen gegen die Haarzellen grenze immer an Länge zu und gehen in die Epithelzellen der Macula über. Von der
oberen Fläche betrachtet, erscheinen sie auch geplattet mit etwa spindelförmigem, der Haarzellen grenze parallelem
Umriss. Die äussersten Haarzellen scheinen auch eine etwas geneigte Stellung zu haben. Am unteren Umfang der
Macula findet sich keine so deutlich markirte Grenze. An Verticalschnitten sieht man das umgebende Epithel sich
nur allmählig und mit einer ununterbrochenen Contour gegen die Macula erhöhen und in diese übergehen, indem seine
Cylinderzellen immer höher werden.
Ganz in derselben Weise verhält sich der feinere Bau der Macula aeustica sacculi, Papilla ac. lagence und
Macula ac. neglecta, weswegen ich hier nicht weiter auf ihre Beschreibung eingehe, sondern auf meine frühere Darstellung
(Anatom. Untersuchungen) verweise. In den Cristce acusticce der Ampullen sind die Verhältnisse auch im
ganzen dieselben, jedoch in einigen Beziehungen etwas verschieden, weswegen ich aus meiner eben erwähnten Darstellung
noch einen Auszug mittheile. An Querschnitten sieht man die Crista aeustica wie eine Mütze die obere
Wölbung des Septum umfassen, mit einer oberen gerundeten Contour, welche einem Zirkel von kleinerem Eadius
als dem der oberen Wölbung des Septum selbst gehört. Zwischen der Kante der Crista und dem angrenzenden
Epithel des Septum entsteht eine Art Einbuchtung oder Einne. An den Seitenwänden der Ampulle bildet die Crista,
wie erwähnt, eine erweiterte Partie; diese steigt mit einer abgerundeten, äusseren Grenzlinie und mit abnehmender
Dicke an der Seitenwand bis an das niedrigere, geplattete Cylinderepithel hinauf, welches das Planum semilunatum
nach unten begrenzt; hierdurch bildet sich zwischen der Crista aeustica und dem Planum beiderseits eine ziemlich
tiefe Einne. Die Dicke (Höhe) der Crista ist im allgemeinen 0,065—0,07 mm., nimmt aber in den Seitenpartien
und auch vorn und hinten am Uebergang in das Epithel der Seitenflächen des Septum ab. Die Crista aeustica
besteht aus denselben Elementen wie die Macula aeustica utriculi. Von der Fläche gesehen, zeigt sie ungefähr dasselbe
Bild mit rundlichen oder etwas polygonalen, durch Zwischenräume getrennten Figuren, welche den oberen
Flächen von Ilaarzellen entsprechen. Diese, die Haarzellen, haben dieselbe Form, Grösse (etwa 0,028—0,08 mm.)
und übrige Beschaffenheit wie jene in der Macula utriculi; ihre Kerne sind rundlich-oval und von etwa 0,0065 mm.
Länge; am oberen Ende tragen diese Zellen auch hier je ein Hörhaar, welches von einer breiteren Basis aufsteigend
sich schnell verfeinert; diese Hörhaare haben aber hier eine bedeutende Länge, ich habe solche von 0,065
mm. gemessen; da sie aber sehr leicht abbrechen, ist es nicht unmöglich, dass sie noch länger werden können.
Sie bestehen auch hier aus feinen, dicht an einander geordneten, gleichdicken, geraden Stäben oder Fasern, welche
bei der gewöhnlichen Präparation leicht zerfallen und als Büschel erscheinen. An frischen Präparaten, oder nach
kurzer Erhärtung in chromsaurem Kali (7g %) sieht man diese aufrecht stehenden Haare die Crista bedecken, wie
das Getreide ein Ackerfeld. Die isolirten Haarzellen findet man fast immer mit einem abgerundeten, unteren Ende
versehen; bisweilen gehen sie aber in einen feinen, etwas gebogenen Faden aus. Zwischen den Haarzellen stehen
Fadenzellen (eigentliche Epithelzellen, Stütz- oder Isolirungszellen) von ganz denselben Formen wie die in der
Macula utriculi geschilderten; sie bilden indessen in der Crista im allgemeinen eine, wenn auch nur sehr unbedeutend
dickere Schicht. Die Nervenfasern gehen auch hier mit der Myelinscheide weit hinauf, etwa zur
Mitte von der Dicke der Crista und biegen sich dann um, um sich, die Myelinscheide verlassend, in feinere Zweige
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