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Das Gehörorgan von Anguilla vulgaris Tuet.
Tafel XV. Fig. 14—16.
Beim Aale ist die Schädelhöhle sehr niedrig, und deswegen ist das paarige Gehörlabyrinth, welches die Seitenpartien
dieser Höhle einnimmt, niedrig und im ganzen auch ziemlich klein. Die Knochen, welche den Laby-
rinthus osseus bilden, sind Occipitale hasilare, Occipitale laterale, Occipitale superius, Epioticum, Squamosum und
Prooticum; das Opistlioticum konnte ich hier nicht finden. Die Knochen greifen im allgemeinen mit gezahnten
Suturen in einander, denn von den Knorpelfugen sieht man hier nur schwache Spuren. Die Knochen fügen sich
im ganzen ungefähr in derselben Weise, wie bei den oben beschriebenen Fischen, zur Bildung des knöchernen Labyrinthes
zusammen. An der Innenseite der Schädelwand sieht man beiderseits eine gemeinsame, rundliche Grube,
in welcher das membranöse Gehörorgan liegt; diese Grube entsteht hauptsächlich dadurch, dass sich vom Prooticum
eine ziemlich hohe, halbmondförmige Firste nach innen erhebt, nach oben ein wenig am Schädeldach fortsetzt und
nach unten in den medialen Begrenzungsrand der Fovea sacculi et lagense übergeht, wodurch die letztere auch in
die gemeinsame Labyrinthengrube zu liegen kommt. Nach oben-aussen von der Fovea sacculi et lagense, die nur
durch eine niedrige Firste (die Kante der Fovea) von derselben getrennt ist, findet sich eine Grube, welche für den
Utriculus, die vordere und äussere Ampulle gemeinsam ist; nach oben geht die letztere Grube in eine sehr flache
Einne über, in welcher der vordere membranöse Bogengang liegt. Nach hinten geht der äussere Canal (der Canal
des äusseren membranösen Bogengangs) unter einer schmalen Knochenbrücke am Squamosum ab und mündet hinten
in einer hinter und lateralwärts von der Fovea sacculi et lagense befindlichen, kleineren, aber scharf begrenzten,
ovalen Grube, in welcher sich auch das äussere untere Ende des hinteren Ganais (der Canal des hinteren membranösen
Bogengangs) öffnet. Dieser letztere Canal geht unter einer schmalen, hauptsächlich vom Epioticum gebildeten
Knochenbrücke ab und mündet oben mit einer kleineren, runden Oeffnung, welche nach vorn sieht und in die flache
Einne des vorderen Bogengangs übergeht.
Der perilymphatische Eaum hat beim Aale im ganzen nur eine geringe Ausdehnung, und vom perilymphatischen
Gewebe sah ich nur Spuren in Form von Membranen und gefässführenden Balken.
Am membranösen Gehörorgan unterscheidet man folgende Theile: Utriculus mit Sinus superior, Becessus
utriculi, Ampulla anterior, Ampulla externa, Ampulla posterior, die entsprechenden drei Bogengänge, Sacculus mit
dem Ductus endolymphaticus, Lagena cochlece.
Von Nervenendstellen sind sieben vorhanden : Macula ac. recessus utriculi, die drei Cristce ac. ampullarum,
Macula ac. sacculi, Papilla ac. lagena?, Macula ac. neglecta (aus zwei getrennten Platten bestehend).
Der sehr kurze Acusticus theilt sich in einen Bamus anterior, welcher sich in den Bamulus amp. an-
terioris, den Bamulus amp. extemce und den Bamulus recessus utriculi verzweigt, sowie ein dickes Bündel zum vorderen
Ende der Macula sacculi abgiebt; und in einen Bamus posterior, welcher den eigentlichen Bamulus sacculi absendet
und dann sich in den Bamulus lagena} und Bamulus amp. posterioris theilend, weiter nach hinten verläuft,
wobei sich auch der kleine aus zwei Bündeln bestehende Bamulus neglectus abzweigt.
Der Utriculus (Fig. 14, 15 u), welcher einen langen, horizontal liegenden Cylinder darstellt, sendet ungefähr
von seiner Mitte nach oben und etwas nach hinten einen kurzen und ziemlich breiten Sinus superior (Fig. 14, 15 ss)
aus, welcher oben mit sehr kurzem Apex endet und nach aussen davon die zwei verticalen Bogengänge aufnimmt.
Vorn geht der lange Utriculus mit weiter Oeffnung in den verhältnissmässig kleinen, rundlichen Becessus utriculi
(Fig. 14, 15 reo) über; dieser trägt an seiner unteren (und lateralen) Wand die rundliche Macula acustica (Fig. 14,
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