http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1881-1/0121
105
2. DAS GEHÖRORGAN DER PLAGIOSTOMEN.
Das Gehörorgan der Haie.
Geschichtliches.
Das Gehörorgan der Haie wurde schon mehrmals von älteren Forschern untersucht. Schon bei Steno 1 findet
man folgende Beschreibung dieses Organs von Galeus lsevis: »Perpulchra erat cavitas, qua? pone oculos in car-
tilagineo cranio recondita, sine omni dubio auditui inservit. Tres circuli in cranio excavati erant, quorum unus
quasi in piano situs, reliqui duo et ad se invicem et ad primam erant perpendiculares. Hoc anfractuoso ductu con-
tinebatur canalis quidam cartilagineus, qui bis, terve in receptaculi rotundi formam expansus illis in locis fibrillas a
nervis auditoriis excipiebat. Eidem solidiori canali mollior alius includebatur uterq; limpidissima aqua plenus».
Monro 2 untersuchte das Gehörorgan von Squalus Squatina L. In seiner Beschreibung desselben sagt er aber,
er habe dessen Bau mit dem des Bochen so übereinstimmend gefunden, dass er es als unnütz ansehe, Anderes als
die Meatus auditorii externi zu besprechen; diese liegen ungefähr an demselben Ort, nämlich am oberen und hinteren
Theil des Kopfes nahe an seiner Vereinigung mit dem Bückgrat; in der äusseren Mündung findet sich eine
sich schlingernde Concha, von wo ein kleiner cylindrischer Gang zu einem grossen, mit schleimigem Wasser und
kreideartiwr, weicher Substanz o-efüllten Sack oder Vestibulum führt; mit dem letzteren communiciren drei circuläre
Kanäle. Monro hat eine Abbildung dieses Gehörorgans von oben gegeben.
In den runden Knorpelfischen, z. B. im Haifische findet, sagt Scarpa", fast derselbe Bau wie bei den platten
(den Bochen) statt. Denn der Hai hat fast eben so »ein eirundes Fenster, das mit einer gespannten Haut ausgefüllt,
und unter den gemeinen Hautbedeckungen am Hinterkopfe befindlich ist; ebenso einen Vorhof, die Steinsäckchen
Und einen weichen und harten Gehörnerven. Sollten ja dem ersten Anscheine nach noch einige Abweichungen
eintreten, so sind sie nach genauer Untersuchung nichts anders, als Modifikationen gleicher Theile; so stehen z. B.
die eirunden Fenster im Haifische näher aneinander, als im Bochen; so ist der horizontale Bogengang in dem Haifische
auf eine besondere Art gebogen, und gleichsam etwas zusammengedrückt; so haben die Nerven, welche nach
den Bläschen gehen, eine geflechtartige Anastomose, und andere dergleichen noch unbedeutendere Kleinigkeiten,
die ich übergehe».
Comparetti4 gab eine mit Abbildungen versehene Beschreibung vom Gehörorgan einiger Haie (»squatina,
galeo, canicula, catulus» u. s. w.). Diese seine Beschreibung ist aber so schwer verständlich, dass ich kein eingehenderes
Referat darüber zu geben vermag. Aus ihr und den Abbildungen scheint hervorzugehen, dass er einen
Saccus major unterscheidet, welcher aus zwei Blasen zusammengesetzt ist (Sacculus, Recessus utriculi und Utriculus
SP- Verf. entsprechend), und in welchen die Bogengänge (Ductus) münden; ausserdem giebt es einen hinteren Anhang
1 Nicolais Steno, Ova viviparorum spectantes Observation es factee jussu Serenissimi Magni Ducis Hetrurise. Thomse Bartholini Acta Medica et Philo-
SOpiCa Ha2fniensia. Anno 1(373. Vol. ii. Hafni*.
2 Alexander Monro, The structure and physiology of fishes explained and compared with those of man and other animals. Edinburgh 1785.
3 Anton Scarpa's anatomische Untersuchungen des Gehörs und Geruchs. Aus dem Lateinischen. Nürnberg 1800.
4 Andreae Comparetti in gymnasio patavino Observationes anatomica? de aure interna comparata. Patavii 1789.
G- Ketzins; Das Gehörorgan der Wirbelthiere. 14
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/retzius1881-1/0121