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bulum gehörige Abtheilung und drei in das Vestibulum ausmündende Canäle im Knorpel unterscheiden. Wenn
man durch die knorpelige Kapsel des Gehörorgans einen sagittalen Schnitt legt, so dass die Höhle in zwei Hälften
gespalten wird, und dann die darin enthaltenen Weichtheile entfernt, sieht man die Ausdehnung und das gegenseitige
Yerhältniss des Vestibulum und der Canäle. Die grössere, mittlere Abtheilung des Vestibulum (Taf. XVIII.
Fig. 8, 9 fs) bildet eine unregelmässige, eckig-ovale, von den Seiten hin abgeplattete Höhle oder Grube, die Fovea
sacculi, welche den Sacculus des membranösen Gehörorgans in sich aufnimmt und besonders an der lateralen Wand
entwickelt ist. Nach hinten-unten geht, ohne besonders scharfe Grenze, von ihr eine kleine, tabellenförmige, für die
Lagena Cochleae bestimmte Abtheilung, die Fovea lagence (Taf. XVIII. Fig. 8 fl) aus. Nach vorn hängt die mittlere
, grosse Abtheilung mit einer kleinen, rundlichen Fovea recessus utriculi (Taf. XVIII. Fig. 8 fru) zusammen.
Von diesen Gruben nehmen die drei Knorpelcanäle der Bogengänge ihren Ursprung. Von der Fovea recessus
utriculi, durch eine seichte Firste getrennt, geht der vordere Knorpelcanal (Taf. XVIII. Fig. 8 kca) nach vorn
ab, zeigt zuerst eine Erweiterung, die Fovea ampullcB anterioris, biegt sich dann stark verengt nach oben und
hinten, um wiederum etwas erweitert in den oberen Theil der mittleren Abtheilung des Vestibulum zu münden.
Von der Fovea recessus utriculi geht nach aussen der äussere knorpelige Canal (Taf. XVIII. Fig 8, 9 kce) ab,
erweitert sich zuerst für die Ampulle, {Fovea ampullce externa), biegt sich dann, stark verengt, nach hinten, dann
nach innen und endlich nach vorn um und mündet am hinteren Umfang der mittleren vestibulären Abtheilung. Der
hintere knorpelige Canal läuft abgesondert (Taf. XVIII. Fig. 8, 9 kcp) hinter der mittleren vestibulären Abtheilung
, mit welcher er oben vermittelst einer runden, und weiter unten an der medialen Seite mit einer anderen
Oeffnung zusammenhängt; von der oberen Oeffnung geht er ganz weit nach hinten-aussen-unten, biegt sich dann
nach vorn-innen und erweitert sich noch mehr {Fovea ampuUoe posterioris), um die Ampulle zu beherbergen, (Taf.
XVIII. Fig. 8 fap), verengt sich dann widerum ein wenig, biegt sich nach oben und mündet mit einer ovalen Oeffnung
in einer Grube an der inneren medialen Wand der mittleren Abtheilung des Vestibulum. An der inneren
(medialen) Wand der letzteren befindet sich nämlich (Taf. XVIII. Fig. 9 gr) eine längliche, verticale Grube,
welche, nach oben steigend, sich vertieft und zu einem breiten Gang wird; in diesen mündet nun unten der
untere Theil (Fig. 9 kcp11) des hinteren Canals, oben-hinten befindet sich die obere Oeffnung desselben Canals
(Fig. 9 kcp1). Der aufsteigende Grubengang steigt dann weiter nach oben und mündet durch die obere, knorpehge
Schädelwand hindurch vermittelst der schon oben erwähnten, ovalen Oeffnung (Fig. 9 fo), welche durch eine dünne
Membran geschlossen ist.
An der medialen Wand der mittleren vestibulären Abtheilung, hoch oben und in der Nähe der oberen Ausmündung
des vorderen Canals, befindet sich (Taf. XVIII. Fig. 9 av) eine kleine Oeffnung, welche nach oben durch
die Knorpelwand steigt und an der Oberfläche des Schädeldaches ausmündet; es ist dies der Canal für den Ductus
endolymphaticus.
Die Knorpelwand der ganzen Labyrinthhöhle besteht aus hyalinem Knorpel mit spindelförmigen Zellen, deren
lange Ausläufer oft sehr schön verzweigt sind, ist aber inwendig überall von einer dünnen Schicht von Kalkinkrustationen
überzogen und mit Perichondrium bekleidet; an ihrer Aussenfläche trägt sie eine ähnliche Schicht von
Kalkincrustationen und ein äusseres Perichondrium. Zwischen der Kopfhaut und der oberen Fläche des knorpeligen
Schädeldaches, welche sich nach hinten zu senkt und eine grössere Grube bildet, befindet sich ein reichliches, lockeres
Bindegewebe, welches aus vielen feinen Strängen besteht (Taf. XVIII. Fig. 4, 5 ub); in diesem Gewebe bemerkt
man mehrere kleine Höhlen unbestimmter Gestalt; nach hinten zu befindet sich gewöhnlich eine grössere Höhle.
Am Boden dieser Grube (Fig. 4 fo) liegt unter dem lockeren Bindegewebe die oben mehrfach erwähnte, von der
dünnen Membran geschlossene, grosse, ovale Oeffnung (das ovale Fenster Scarpa's), welche nach Entfernung der
Membran in die Labyrinthhöhle führt. Nach vorn davon steigt von dem oben beschriebenen, schmalen Canal im
Schädeldach durch das lockere Bindgewebe ein fest gebauter Gang, der Ductus endolymphaticus {de), hinauf und
dringt etwas erweitert und nach einer starken Knickung nach vorn (der Saccus endolymphaticus {se), dann wieder
stark verschmälert fast gerade durch die äussere Kopfhaut, um dort mit einer kleinen rundlichen Oeffnung direct
auszumünden. An dem Saccus endolymphaticus befestigt sich nun noch ein kleiner Muskel, der Musculus ductus
endolympliatici (Fig. 4, 5 mde); nach aussen von der grossen ovalen Oeffnung im knorpeligen Schädeldach und
nach aussen von dessen grosser Grube inserirt sich der von hinten kommende grosse Körpermuskel (m); dieser ist
von einer starken, platten Sehnenausbreitung bedeckt. Von der oberen Fläche der letzteren geht der kleine
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