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unten und etwas nach vorn, biegt sich dann nach hinten und läuft zur hinteren Wand des Sacculus. Dort erweitert
er sich zu der oval-blasenförmigen Partie, welche die hintere Ampulle, Ampulla posterior (Taf. XXI Fig. 1—3 ap),
darstellt, an deren unterer Wand sich der Kamillus ampullse posterioris sattelförmig ausbreitet, um in der hier befindlichen
, querstehenden Crista acustica zu endigen; diese Crista hat eine derjenigen der vorderen Ampulle ähnliche
Gestalt (Taf. XXII Fig. 9 von oben, Fig. 10 im Durchschnitt) und trägt eine niedrige Cupulaterminalis (cu); die
hintere Ampulle hat ungefähr dieselbe Form als die vordere, ist aber grösser und besonders breiter als diese; sie
geht nach hinten wiederum in den hinteren Bogengang, Ganalis in. posterior (Taf. XXI Fig. 1—3 cp) über,
welcher dann nach oben und etwas nach hinten und später nach vorn steigt, um sich in der Nähe des Ductus
endolymphaticus ziemlich schnell nach unten und etwas nach hinten zu biegen und beim Einmünden der Communi-
cationsröhre zum Sacculus direct in sich selbst überzugehen, also gewissermassen einen, obwohl unregelmässigen,
»Zirkel» oder Zirkelgang bildend. Der hintere Bogengang ist cylindrisch; seine untere-vordere Hälfte, ist etwas
kürzer, zugleich aber auch weiter als die obere-hintere und längere Hälfte, welche ungefähr dieselbe Breite als der
vordere Bogengang besitzt.
Nach .dieser Darstellung des Utriculus, des Becessus utriculi, des Sacculus mit der Lagena Cochleae und der
drei Bogengänge mit ihren Ampullen bleibt noch der Apparat zu schildern übrig, welcher schon Monro und anderen
älteren Anatomen mehr oder weniger bekannt war, dann von E. H. Weber näher untersucht und von Breschet
unter dem Namen »canal ou tube ascendant» genauer beschrieben, sowie endlich von Hasse als der Aquaeductus
vestibuli oder Ductus endolymphaticus erkannt worden ist. Wie oben hervorgehoben wurde, haben ältere Anatomen
und dann vorzugsweise Weber und Breschet diesen Gang als von dem Sacculus des membranösen Gehörorgans
direct durch die Haut zur Aussenwelt führend geschildert. Hasse aber, nach dessen Ansicht diese Bohre durch
Zusammensetzung aus zwei Bohren, einer von dem Sacculus und einer von dem Utriculus her gebildet wird, lässt
sie nicht frei an der Hautoberfläche münden, sondern als einen Blindsack endigen, und nur eine äussere periostale
Röhre an der Hautoberfläche ausmünden. Nach meinen Untersuchungen geht, wie oben angedeutet wurde, die
vordere-obere Ecke des Sacculus in eine immer mehr sich verschmälernde, röhrenförmige Verlängerung über, welche
nach oben steigt, wobei das von Hasse erwähnte starke Periost sich innig an ihrer häutigen Wand befestigt. Eine
vom Utriculus ausgehende, mit der Bohre des Sacculus verschmelzende, derartige Bohre habe ich nicht finden können.
Diese Bohre (Taf. XXI Fig. 1, 2 de) von dem Sacculus her, welche, wie Hasse gezeigt hat, im ganzen mit den
bei den Knochenfischen befindlichen übereinstimmt und ohne allen Zweifel als ein Ductus endolymphaticus aufzufassen
ist, steigt weiter als ein schmaler, von Epithel bekleideter, offener Gang nach oben, verlässt die Kapsel des
membranösen Gehörorgans durch ein Loch in der Knorpelwand des Schädels und geht, etwas sich erweiternd, in
die oben beschriebene grössere, subcutane Höhle hinein. Hier geht dieser Ductus mit seiner rundlichen Mündung in
den, in der erwähnten Höhle befindlichen Sack (se) über, welcher von Hasse den guten Namen Saccus endolymphaticus
erhalten hat. Dieser ziemlich dickwandige, inwendig überall von Epithel bekleidete Sack liegt, wie oben ausführlich
beschrieben w urde, dicht unter der Haut, und geht mit seinem schmaleren, hinteren Ende in einen fast gerade
nach aussen ziehenden, schmalen Canal über, welcher, in der Haut verlaufend, mit rundlicher Oeffnung (ade) an der
Hautoberfläche selbst mündet. Sowohl der Sack als der Ausführungsgang sind in natürlichem Zustande mit einer
Ansammlung von kleinen, weissen Kalkkristallen angefüllt. Wenn man leise auf die die Säcke bedeckende Haut
drückt, fliesst eine gleichartige, weissschimmernde Flüssigkeit aus den Hautöffnungen heraus; dies ist auch der Fall,
wenn der Boche noch lebt und bei guter Lebenskraft ist, und es stellt keine krankhafte, postmortale oder durch
gewaltsames Eingreifen entstandene Erscheinung dar. Hier liegt also eine offene Verbindung des äusseren Mediums
— Meereswasser — durch die Hautöffnungen mit den subcutanen Säcken vor, sie bleibt aber hier nicht stehen. Ich
habe mich bestimmt davon überzeugt, dass diese offene Verbindung durch den ganzen Ductus endolymphaticus bis
zum Sacculus fortläuft, und dass also das ganze membranöse Gehörorgan durch den fraglichen Gang in offener Com-
munication mit dem äusseren Medium steht — ein in der That sehr eigenthümliches Verhältniss. Das unten näher
zu beschreibende Epithel erstreckt sich in ununterbrochener Bekleidung längs der ganzen Innenfläche vom Sacculus
durch den Ductus endolymphaticus und durch den Saccus endolymphaticus nach aussen durch den äusseren Ausfüh-
.runffssrans: und dessen Häutöffnuno: hinaus, und der Gang endigt nicht blind während seines Verlaufes nach oben-
aussen. Ich habe, um mich noch weiter davon zu überzeugen, eine Beihe von Injectionen mit der Richardsonschen,
blauen Flüssigkeit durch die Hautöffnungen der Sackcanäle angestellt, und dabei stets gefunden dass die Flüssigkeit
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