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äusserst leicht durch den Saccus und Ductus endolymphaticus in den Sacculus hinab verläuft und sich von hier in
das übrige Gehörorgan verbreitet, wodurch mir also auch der Zusammenhang zwischen den Hautöffnungscanälen
und dem Gehörorgane direct dargelegt zu sein scheint.
Nach dieser Darstellung der gröberen morphologischen Verhältnisse des membranösen Gehörorgans von Kaja
clavata gehe ich zur Schilderung seiner feineren, histologischen Beschaffenheit über. Die Wand des membranösen
Gehörorgans besteht überall aus einem derben, durchsichtigen Gewebe, welches an verschiedenen Theilen von wechselnder
Dicke ist; im ganzen sind die drei Bogengänge -— mit Ausnahme des vorderen-unteren Theils des hinteren —
sowie die drei Ampullen und der untere Umfang des Eecessus utriculi und des Sacculus am dickwandigsten; dünner
sind die Wände des Utriculus, des unteren Umfangs des Eecessus utriculi und des Sacculus, ferner diejenigen der
Lagena Cochleae sowie des vorderen-unteren Theils des hinteren Bogenganges.
In den zuerst genannten Bogengängen behält aber die Wand nicht dieselbe Dicke in ihrem ganzen Umfange ; sie
ist nähmlich dicker in ihren Seitentheilen (Taf. XXII Fig. 10). Bei mikroskopischer Untersuchung zeigt sich die
Wand der Bogengänge aus einer im ganzen homogenen, nur hie und da fein streifigen Grundsubstanz mit darin eingestreuten
Zellen zu bestehen; diese Zellen sind feinkörnig und mit zahlreichen, ebenfalls feinkörnigen, nach verschiedenen
Eichtungen ausstrahlenden Ausläufern versehen, welche nach mehrmahligen, dichotomischen Theilungen
die Zwischensubstanz in vielerlei Weise durchziehen und sich oft mit denen der Nachbarzellen verbinden (Taf. XXII
Fig. 19). Man hat früher diese Substanz als einen Knorpel mit sternförmigen Zellen aufgefasst.
In ihr verlaufen einzelne Blutgefässe. Die Innenfläche der Bogengangswand ist zunächst mit einer elastischen
, aus zahlreichen sich kreuzenden, glänzenden, elastisch aussehenden Fasern verwebten Haut bedeckt, welcher
Haut dann ein einschichtiges, niedriges, polygonales Epithel mit ovalen Kernen nach innen folgt, das Lumen
des Bogengangs begrenzend. Nach der einen Seite (Taf. XXII Fig. 16 r), der sogenannten Eaphe, hin ändert
dies Epithel die Beschaffenheit, indem die Zellen sich der Quere des Ganges nach spindelförmig sehr verlängern
(Taf. XXII Fig. 18); in der Mittellinie der Eaphe sind die Zellen mehr birnförmig mit runden Kernen und
zugleich höher, so dass am Querschnitt (Taf. XXII Fig. 16, 17 r) das Epithel hier eine ins Lumen des Ganges
hervorragende, kleine Firste bildet. In die Wand der Bogengänge setzt sich die der Ampullen ohne Veränderung
fort; sie ist aber am Dache derselben dicker als am Boden; die fast homogene Grundsubstanz mit ihren
eingestreuten, verzweigten Zellen ist nach innen zu von einer faserigen, elastisch erscheinenden Haut und einem
einschichtigen, polygonalen Epithel bekleidet ; letzteres verändert sich in der Mittellinie des Daches, in der Eaphe, in
ganz derselben Weise wie in den Bogengängen und bildet auch hier eine kleine, längsverlaufende Firste (Taf. XXII
Fig. 3 r), am Boden der Ampullen ist die knorpelige Wand dünner; die elastische Faserhaut ist ziemlich dick; das
Epithel (Taf. XXII Fig. 5) zeigt zwischen den polygonalen platten Zellen (e) einzelne, schmalere, durch Ueber-
osmiumsäure sich dunkler färbende, unregelmässige Zellen (pe), welche besonders gegen die Septa hin zahlreicher
auftreten. Gegen die Crista hin wird das Epithel im ganzen höher, kubisch und zuletzt cylindrisch. Die, wie oben
beschrieben wurde, im Durchschnitte triangulären Septa der Ampullen bestehen aus derselben membranösen Substanz
wie die der Bogengänge und der übrigen Theile der Ampullen; an ihrer Basis dringen die Nervenfasern der
betreffenden Nervenzweige ein und steigen (Taf. XXII Fig. 4 n) umbiegend, einzeln oder seltener bündelweise, durch
die Grundsubstanz in die Höhe, um, an dem oberen Band der Septa angelangt und die Myelinscheide abgebend,
nackt in das hier befindliche Epithel der Cristse acusticse auszutreten und, dichotomisch sich theilend, sich in demselben
zu verbreiten. Dies Epithel, das Nervenepithel der Cristse acusticse, hat im Durchschnitt eine Höhe von 0,075 mm.
und besteht, ausser den erwähnten Nervenfasern, aus zwei Arten von Zellen, den Fadenzellen (eigentlichen Epithelzellen
, Stütz- oder Isolirungszellen) und den Haarzellen. Erstere, die Fadenzellen (Taf. XXII Fig. 7), erscheinen
isolirt als lange, fadenartig schmale Zellen, mit einem länglich-ovalen Kern versehen, welcher entweder dicht am
unteren Ende oder etwas höher oben an der Zelle liegt; an dem Ende, in dessen Nähe der Kern liegt, haben
die Zellen eine erweiterte, quer abgestutzte Partie, einen Fuss. Mit diesem Fuss sitzen nun die Zellen der häutigen
Wand des Septum an und ragen, senkrecht darauf stehend, bis zur Oberfläche des Cristaepithels; der Leib dieser Zellen
ist, wie die angeführten Figuren zeigen, im ganzen sehr dünn, jedoch von etwas verschiedener Dicke und hat oft
am oberen Ende einen etwas erweiterten Theil. Die Haar Zeilen (Taf. XXII Fig. 6) sind cylindrisch oder ein wenig
flaschenförmig, am oberen Ende mit einer platten, rundlichen Fläche versehen, welche, von der Seite betrachtet,
als eine glänzende Scheibe erscheint, von deren Mitte ein im unversehrten Zustande langes Haar ausschiesst. Der
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