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ein Brei in eine pulverige Masse. Bei mikroskopischer Untersuchung findet man, dass diese aus einer zahllosen
Menge von sehr kleinen, glänzenden Körperchen oder Kristallen besteht; die Kristalle, die Otoconien, sind aber von
wechselnder Grösse (0,004—0,025 bis 0,075 mm.); sie sind meistens rundlich oder oval, oft, und besonders die grösseren
, mit einer äquatorialen Firste versehen, welche in der Seitenansicht an den beiden Enden der Kristalle spitz kon-
förmig ausläuft (Taf. XXI Fig. 19); in den grösseren Kristallen sieht man oft, bei Flächenlage, eine von der Mitte
aus radiirende, und in Randlage eine entsprechende, concentrische Streifung; sie werden durch Anilin nicht merkbar
gefärbt; nach Zusatz von Essigsäure gehen zahlreiche Gasblasen ab, und die Kristallkörperchen verlieren in con-
centrischen Schichten ihren starken Glanz; nachdem die centrale Partie zuletzt durch die Säure extrahirt ist, behalten
die Körperchen jedoch ihre ursprüngliche Gestalt, sind aber nunmehr blass und färben sich in Anilin. Am Rande
des Otolithen findet sich nach Ueberosmiumsäure-Erhärtung eine sehr spärliche, klare, glasige Substanz, welche schwach
streifig und ein wenig durchlöchert ist; sie entspricht wahrscheinlich einer Membrana tectoria.
Die Wand des Sacculus ist im ganzen sehr dünn, nur am unteren Umfang- etwas dicker; sie besteht aus
einer sehr dünnen, häutigen Schicht, nach innen zu von den elastischen Faserhäutchen und dem einfachen, polygonalen
, platten Epithel bekleidet. Nach unten zu, gegen die Macula acustica hin, tritt, wie im Recessus utriculi,
das eigentümliche, sich zwischen den polygonalen Zellen in verzweigten Reihen und Wirbeln schlingende, in
Ueberosmiumsäure sich dunkel färbende Epithel auf. In der Taf. XXIII Fig. 2 ist eine Partie der beiden Epithelzellenarten
bei starker Vergrösserung abgebildet. Die Macula acustica sacculi besteht, wie gewöhnlich, ans denselben
beiden Zellenarten wie in der Macula ac. recessus utriculi, nämlich Fadenzellen und Haarzellen (Taf. XXIII Fig. 3);
die Höhe des ganzen Nerven epith eis ist im Durchschnitt dieselbe wie die der Macula recessus utriculi; die ziemlich
dicke Wand unter der Macula sacculi enthält zahlreiche, sie in schiefer Richtung durchlaufende Nervenfasern,
welche, wie in den Maculse gewöhnlich geschieht, in den Randpartien viele Schlingen bilden; bei diesen in der
Wand verlaufenden, markhaltigen Nervenfasern habe ich mich bestimmt davon überzeugt, dass sie sich oft in zwei,
drei und sogar vier Fasern theilen. Auf der Macula liegt ein grosser Otolith, welcher unregelmässig oval und
abgeplattet und mit einer schwach concaven Fläche nach aussen-oben und einer etwas mehr convexen Fläche nach
innen-unten gerichtet ist; an dem unteren Rande der convexen Fläche führt er eine schmale, seichte Furche; dieser
Otolith (Taf. XXI Fig. 13 so, 14) reicht von der Macula hoch nach oben im Sacculus; er hängt oft mit den
Otolithen des Recessus utriculi und der Lagena zusammen und von ihm schiesst ein Fortsatz in den Ductus endolymphaticus
aus; er ist kreideartig weiss, zerfällt sehr leicht in einen Brei und besteht, mikroskopisch untersucht,
aus ganz ähnlichen Otoconien von derselben Beschaffenheit wie die des Otolithen des Recessus utriculi (s. o.). In der
Furche am unteren Rande der convexen Fläche befindet sich eine spärliche, glasige Substanz, welche, in Ueberosmium -
säure erhärtet, eine streifig balkige Struktur mit zahlreichen kleinen Höhlen zeigt; an der freien Fläche trägt sie
viele kleine Löcher; diese Substanz, welche eben der Macula sacculi anliegt, entspricht aller Wahrscheinlichkeit nach
einer Membrana tectoria.
Die Wand der Lagena coclilem stimmt ganz mit der des Sacculus überein; ebenso ist ihre Papilla acustica
ganz so gebaut wie die Maculse und Crista3 acustica?, also aus zwei Zellenarten, Faden zelten und Haarzellen.
Auf dieser Papilla ruht ein Otolith, welcher gewöhnlich mit dem der Macula sacculi zusammenhängt und ganz
wie dieser gebaut ist.
Die am oberen Umfang des Sacculus, am Eingang zum Ductus canalis posterioris belegene Nervenendstelle,
Macula acustica neglecta, besteht gleichfalls aus denselben beiden Zellenarten, den Fadenzellen und Haarzellen
(Taf. XXIII Fig. 0), wie in den anderen Maculae und den Cristse acustica?; hier konnte ich keinen Otolithen und
keine Membrana tectoria auffinden.
Der vom Sacculus nach oben führende Gang, Ductus endolymphaticus (Aquaeductus vestibuli), hat an seinem Anfange
eine nur dünne Wand, eine unmittelbare Fortsetzung derjenigen des Sacculus. Beim Eintritt in den Knorpelcanal
aber erhält die Wand des Ganges eine vom Perichondrium der Vestibularhöhle stammende, fibröse Verstärkung; nach
dem Austritt aus diesem Canal und dem Eintritt in das Unterhautgewebe wird die Wand durch das letztere noch mehr
verstärkt, so dass sie nunmehr dick ist und diese Dicke durch den Saccus endolymphaticus hindurch bis zur Ausmündungsröhre
behält; sie besteht hier aus gewöhnlichem, fibrillärem Bindegewebe mit eingestreuten, schwarzen und
verzweigten Pigmentzellen; an der die äussere Haut durchziehenden Ausmündungsröhre 'ist die Wand von dem
Gewebe der Haut nicht deutlich gesondert. Der ganze Gang ist von einer einfachen Epithelschicht bekleidet, welche
Gr. Retzius: Das Gehörorgan der Wirbelthiere. 18
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