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v. Das Gehörorgan der Dipnol
Das Gehörorgan von Ceratodus Forsteri Kbefft.
Geschichtliches.
In seiner schönen Monographie über diesen merkwürdigen Fisch äussert Günther 1 betreffs der Gehörorgane
Folgendes: Gegenüber dem Ursprung des Nervus trigeminus, findet sich an jeder Seite der Hirnhöhle eine breite,
unregelmässige Oeffnung, welche zu der Höhle des Gehörorgans führt; sie ist durch eine Membran geschlossen,
welche vom Gehörnerv durchgebohrt ist, und an welcher seine Zweige vertheilt sind. Nach Wegnahme der Membran
können drei unregelmässige Unterabtheilungen der Höhle unterschieden werden, die eine bedeutend grösser als die
beiden anderen und otolithische, im Wasser leicht lösliche (dissolved) Ansammlungen von kalkigem Aussehen enthaltend.
Bei mikroskopischer Untersuchung zeigen sie sich als aus ähnlichen prismatischen Kristallen zusammengesetzt wie
bei Lepidosiren. Die drei halbzirkelförmigen Canäle sind ziemlich räumlich; die Pläne der zwei inneren sind vertical
und theilweise durch die halbdurchsichtige, obere Fläche des Schädelknorpels wahrnehmbar. Das Gehörorgan ist
vollständig vom Knorpel eingeschlossen, ohne jede andere Oeffnung als die Communication mit der Hirnhöhle.
Anatomische Beschreibung.
Tafel XXIV. Fig. 1—8.
Yon dem Ceratodus standen mir Spiritusexemplare zu Gebot. Obwohl die Erhärtung derselben nicht ganz gut
ausgefallen war, gelang es mir jedoch, die meisten gröberen morphologischen Verhältnisse an dem Gehörorgan dieses
merkwürdigen Fisches herauszufinden. Das membranöse Gehörorgan liegt zu jeder Seite des Gehirns in
eine unregelmässige, tiefe Höhle im knorpeligen Schädel eingeschlossen. Die Wände dieser Höhle oder Knorpelkapsel
sind im ganzen ziemlich, wenngleich mehr oder weniger, dick; die Höhle mündet mit grosser offener Mündung (Fig.
4, 5) nach innen, gegen die Schädelhöhle hin, welche Oeffnung nur durch die Dura von der Hirnhöhle abgeschlossen
, ist. In dieser Oeffnung bemerkt man den mittleren Theil des Utriculus mit dem Sinus superior, sowie den grössten
Theil des Sacculus sammt der Lagena, mit ihren medialen Flächen frei liegend; die übrigen Partien des membranö-
sen Gehörorgans sind in die Gruben und Canäle der knorpeligen Kapselhöhle eingesenkt. An dieser Höhle bemerkt
man zuerst eine untere, ovale, tief in die Schädelbasis einragende Grube, Fovea sacculi et lagence (Fig. 5 fs), nach
oben davon findet sich vorn eine grosse, sehr tiefe, ovale Grube, Fovea recessus utriculi (Fig. 5 fru); oben am
Dache derselben bemerkt man eine kleine, rundliche Oeffnung (Fig. 5 oca), die Mündung des vorderen, halbzirkelförmigen
, knorpeligen Canals, welcher bogenförmig nach oben-innen läuft, um am oberen Ende der Höhle, unweit
ihrer medialen Begrenzung, mit rundlicher Oeffnung zu münden. Am Boden der Fovea recessus utriculi be-
1 Alb. Günther, Description of Ceratodus, a genus of Ganoid Fishes etc. Philosophical Transactions. 1871.
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