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sagt er, dass das Gehörorgan von Lepidosiren nur aus dem Labyrinth ohne Schnecke, oder eine Fenestra rotunda,
besteht, und ist dies ein Beweis für die Fischnatur des Thieres.
Von dem Gehörorgan der Lepidosiren paracloxa hat Hyrtl1 folgende Beschreibung gegeben: Das Gehörorgan
trägt entschieden den Typus der Fische. Es ist in eine knorpelige Kapsel eingeschlossen. Besondere Schallleitungsorgane
— Trommelhöhle, Rudimente von Gehörknöchelchen, ovales Fenster — fehlen vollkommen. Die knorpelige Gehörkapsel
hängt nur mit der Schädelhöhle durch eine 2 Linien weite Oeffnung zusammen. Sie schliesst einen äusserst
dünnhäutigen Sack ein [Alveus communis), der nur wenig flüssigen, grösstenteils aber zu einer harten Masse
zusammengebackenen Otolithenbrei enthält. Der Sack ist von oben nach unten flach gedrückt, queroval, 8 Linien
lang und über 2 Linien breit. An seinem inneren, dem Gehirnstamme zugewendeten Rande und an seiner unteren
Fläche treten die grauen Filamente des Gehörnerven ein. Die drei ansehnlichen Canales semicirculares liegen in
Furchen an der inneren Fläche der Knorpelkapsel und haben so dicke Wandungen, dass sie, wenn sie durch Entfernung
der letzteren isolirt werden, nicht zusammenfallen. Die Ebenen der drei Canäle stehen senkrecht aufeinander
. Der Canalis sem. externus ist der grösste von allen und liegt horizontal. Die Chorda seines Bogens misst 3
Linien. Die beiden anderen, die als anterior und posterior bezeichnet werden können, stehen senkrecht, und ihre
Chorden sind nicht viel über 2 Linien lang. Sehr merkwürdig ist es, dass nur der Can. sem. externus an seinem
vorderen Schenkel eine einfache Ampulle hat, während die beiden anderen an jedem Schenkel eine ganz deutliche
Ampulle zeigen. Üeber die Ampulle hinaus verschmelzen die Schenkel aller drei Bogenröhren zu drei gemeinschaftlichen
geradlinigen Bohren, welche mit ihren Enden zusammenstossen und in den Otolithensack übergehen. Unter
dieser Uebergangsstelle geht von der inneren Wand des Otolithensackes ein etwas kleineres, länglich ovales Säckchen
ab, welches nicht ganz in der Knorpelkapsel, sondern theilweise in der Schädelhöhle neben dem kleinen Gehirne
liegt und denselben kreideweissen Inhalt wie der grössere Sack einschliesst. Der Otolithenbrei stellte unter dem
Mikroskope ein Aggregat von verschiedentlich grossen, vierseitigen Prismen mit ebensolchen Endzuspitzungspyramiden
dar, deren grösste 0,0006 P. Z. breit und 0,0015 lang waren.
Anatomische Beschreibung.
Tafel XXIV. Fig. 9—11.
Das membranöse Gehörorgan des Protopterus, von dem es mir gelang, in London ein lebendes Exemplar
zur Untersuchung zu bekommen, liegt zu beiden Seiten des Gehirns in die knorpelige Schädelkapsel eingebettet
, und die dasselbe beherbergende Höhle steht nur durch eine nicht besonders grosse, von der Dura mater bedeckte
Oeffnung mit der Gehirnhöhle in Verbindung; in dieser Oeffnung bemerkt man die mediale Wand des Sinus
superior und die mittlere Partie des Utriculus; die übrigen Theile des häutigen Gehörorgans sind in den Knorpel
eingeschlossen; im ganzen ist der perilymphatische Baum äusserst eng, indem nur eine sehr dünne, Blutgefässe
führende, periostale Haut die einzelnen Theile des häutigen Gehörorgans umgiebt. Eine nähere Darstellung der
Gruben und Canäle der knorpeligen Gehörkapsel kann hier nicht gegeben werden, da ich von dem einzigen mir
zugängligen Exemplare des Fisches sogleich die beiden häutigen Gehörorgane herauspräparirte. Am membranösen
Gehörorgan des Protopterus unterscheidet man folgende Theile: Utriculus mit Sinus superior, Becessus utriculi, Am-
putta anterior, Ampulla externa, Ampulla posterior, die entsprechenden drei Bogengänge, Sacciäiis (mit Lagena).
Von Nervenendstellen sind sieben vorhanden, nämlich: Macula ac. recessus utriculi, drei Cristce ac. ampul.
larum, Macula ac. sacculi, Papilla ac. lagence und Macula ac. neglecta.
Der A custicus theilt sich gleich in mehrere Zweige, welche zu zwei Partien zusammengefasst werden
können, nämlich: Bantus anterior, welcher den Bamulus amp. anterioris und den Bamulus amp. externa, zuerst
dicht beisammen liegend, dann getrennt, nach oben resp. nach aussen absendet und den grossen, dicken und langen
Bamulus recessus utriculi nach unten-aussen zum Becessus abgiebt; sowie Bamus posterior, welcher den aus meh-
1 Joseph Hyrtl, Lepidosiren paracloxa, Monographie, Abhandl. d. k. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. V Folge Bd 3, Prag 1845.
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