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Der Ner vus acusticus theilt sich beim Abgang von der Medulla oblongata in einen Bamus anterior und
einen Bamus posterior, welche durch getrennte Löcher der medialen Kapselwand in die Kapselhöhle eintreten. Der
Bamus anterior verläuft nach vorn-aussen unter dem Becessus utriculi und theilt sich in zwei Hauptzweige, Bamulus
ampullce anterioris und Bamulus ampullce externa sowie in den von ihnen sich abtrennenden, aus mehreren Meinen
Bündeln bestehenden Bamulus rec. utriculi; der Bamus posterior wendet sich nach hinten, sendet den gewöhnlich
aus zwei grösseren Bündeln, einem vorderen und einem hinteren, bestehenden Bamulus sacculi nach unten zur Macula
sacculi und theilt sich dann in drei Zweige, nämlich einen unteren oder Bamulus lagence für die Papilla la-
gense, einen nach oben ziehenden oberen oder Bamulus neglectus für die Macula neglecta sowie einen langen, nach
hinten bis zur Crista amp. posterioris verlaufenden Bamulus ampullce posterioris.
Der Utriculus (Taf. XXV Fig. 1—8 u) stellt eine verhältnissmässig räumliche Bohre dar, welche besonders
nach vorn hin sich erweitert, indem sie sich senkt und in den von ihr nur andeutungsweise abgegrenzten Be-
cessus übergeht. Nach oben hin bildet der Utriculus eine breite, aber sehr niedrige Ausstülpung, welche den rudimentären
Sinus superior darstellt und die oberen Enden der beiden verticalen Bogengänge empfängt; unter der
Einmündungstelle des hinteren Bogengangs öffnet sich das hintere Ende des äusseren Bogengangs in den Utriculus,
welcher nach innen und unten davon in einen langen Sinus posterior (Verbindungsröhre der hinteren Ampulle) ausläuft
(Taf. XXV Fig. 1, 2 sp, 10), der nach hinten-unten bogenförmig hinabsteigt und in die hintere Ampulle
übergeht. Der Becessus utriculi (Taf. XXV Fig. 1—3 rec, Taf. XXVI Fig. 5 rec) stellt die vorderste, erweiterte
Partie des Utriculus dar; an seinem Boden liegt die halbmondförmig-ovale Macula ac. rec. utriculi (mu)
mit an ihr befindlicher, dünner Scheibe von Otolithenkristallen. Von dem Becessus setzt sich nach vorn die Am-
pulla anterior (Taf. XXV Fig. 1—4 ad) fort, biegt sich gleich nach oben, ist im ganzen oval, nicht besonders
stark erweitert und räumlich und trägt an dem nach vorn gerichteten Boden das niedrige Septum transversum mit der
Crista acustica; letztere ist, von oben gesehen (Taf. XXVI Fig. 1 er), biconcav mit verbreiterten Enden, von der
Seite, d. h. an dem Querschnitt der Ampulle, zeigt sie einen oberen coneaven Band (Taf. XXVI Fig. 2 er). Eine
Cupula terminalis konnte ich hier nicht finden. Die Ampulla anterior setzt sich nach oben-hinten in den vorderen
Bogengang, Ganalis m. anterior (Taf. XXV Fig. 1—4 ca), fort, welcher nach hinten-oben-innen sehr wenig gebogen
verläuft und in die breite obere Ausstülpung des Utriculus mündet. Die Ampulla externa (Taf. XXV Fig. 1—4
ae, Taf. XXVI Fig. 5 ae) geht mit weiter Oeffnung vom äusseren-oberen Umfang des Becessus aus, ist breit, unregelmässig
oval und wendet sich nach aussen-hinten, an ihrem Boden das niedrige Septum mit der schmal dreieckigen Crista
acustica (mit innerem spitzem Ende) tragend; die Cupula wurde auch hier nicht gefunden. Die Ampulle setzt sich
direct in den äusseren Bogengang, Canalis m. externus (Taf. XXV Fig. 1—4 ce), fort, welcher ein wenig nach
aussen aber grösstentheils nach hinten läuft, um dann schnell umbiegend wieder nach vorn und innen und zugleich
etwas nach oben zu gehen und an der lateralen Seite des Utriculus zu münden. Die Ampulla posterior (Taf XXV
Fig. 1—4 ap) setzt sich direct vom hinteren Ende des Sinus posterior fort und stellt eine schwach erweiterte,
ovale Blase dar, welche nach hinten-aussen und mehr oder weniger nach oben gerichtet ist und an ihrem Boden das
niedrige Septum mit der, von oben gesehen, biconeaven Crista acustica (Taf. XXVI Fig. 8 er) trägt; von der Seite
betrachtet (Taf. XXVI Fig. 4 er) zeigt die Crista einen stark coneaven oberen Band; die Cupula wurde nicht
aufgefunden. Die Ampulle setzt sich direct in den hinteren Bogengang, Canalis m. posterior (Taf. XXV Fig. 1—4 cp),
fort, welcher nach oben und dann nach vorn-innen-oben verläuft, um, wie erwähnt, in den Utriculus etwas tiefer
als der vordere zu münden; dieser Bogengang bildet bei Proteus mit dem vorderen einen ausserordentlich grossen
Winkel (etwa 135°).
Am unteren Umfang des Utriculus, ungefähr in der Mitte unter der den Sinus superior vorstellenden Ausstülpung
desselben, findet man in der Wand eine ovale Oeffnung (Taf. XXV Fig. 11 cus), welche zum Sacculus führt
und den Canalis utriculosaccularis darstellt. Dieser Canal ist indessen etwas complicirt; die erwähnte Oeffnung setzt
sich in einen kleinen Baum fort, dessen mediale Wand blasig ausgebuchtet, dessen laterale hingegen mit rundlich-
ovaler Oeffnung versehen ist, welche zum Sacculus führt und die untere Ausmündung des Canalis utriculo-saccularis
darstellt (Taf. XXV Fig. 10 cus, 11 cus1)] die beiden Oeffnungen des Canales liegen einander deswegen lateralwärts
mit ihren Bändern sehr nahe (Taf. XXV Fig. 11); da aber jene mehr horizontal, diese mehr vertical gestellt
ist, so trennen sie sich mit dem entgegengesetzten Bande weit von einander ab. An der blasigen Ausbuchtung
des Canalraumes befindet sich nun eine Nervenendstelle, in welcher ich sogleich bei meiner ersten Untersuchung
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