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(1878) des Gehörorgans von Proteus die von mir bei den Teleostiern und Plagiostomen gefundene Nervenendstelle
erkannte, weswegen ich in dieser Hinsicht ganz mit Kuhn übereinstimme. Eben die Lage dieser Endstelle, welche
ich nunmehr Macula ac. neglecta nenne, entspricht ja bei Proteus sehr derjenigen bei Chimsera; diese Macula neglecta
liegt also bei Proteus an der oberen-hinteren Wand des ausgestülpten Canalis utriculo-saccularis, ist von ovaler
Gestalt, empfängt den von unten kommenden, oben in mehrere Bündel sich trennenden Ramulus negiectus und
besitzt eine längliche Membrana tectoria von streifiger Textur und mit ovalen Löchern an der unteren Fläche, in
welche körnige Zellenfiguren eingebettet liegen (Taf. XXYI Fig. 16).
Der Sacculus (Taf. XXV Fig. 1—4 s) ist eine rundlich-dreieckige, von den Seiten her abgeplattete Blase,
welche unter dem Utriculus liegt, mit der oberen Ecke in den Winkel zwischen ihm und dem Sinus superior
hinauf schiessend; der Sacculus ist übrigens etwas schief nach unten-aussen gerichtet. An seiner medialen \\ and
befindet sich die ovale Macula ac. sacculi (Taf. XXV Fig. 1—4 'ms), auf welcher der grosse, aus überaus vielen
kleinen Kristallen (Taf. XXVI Fig. 17) bestehende und den Sacculusraum grösstentheils auffüllende Otolith liegt. Von
der oberen Ecke des Sacculus steigt mit ovaler, ein wenig nach vorn vom Canalis utriculo-saccularis befindlicher
Oeffnung (Taf. XXV Fig. 10, 11 ade) der Ductus endolymphaticus, an der medialen Wand des Utriculus liegend,
röhrenförmig empor (Taf. XXV Fig. 1, 2, 4, 10, 11 de); er taucht dann, schmal geworden, durch die Apertura
aquaeductus vestibuli in die Schädelhöhle hinein; hier sah ich ihn sich stark zu einem Sacke erweitern, es gelang mir
jedoch nicht denselben ohne Zerreissung blosszulegen, weswegen ich seine Gestalt und Grenzen nicht angeben vermag.
Am hinteren Umfang des Sacculus, an seiner medialen Wand, befindet sich die Lagena Cochlea; (Taf. XXV
Fig. 1—4, 10 /). Sie stellt ein ovales, taschenförmiges Gebilde dar, welches schief von vorn-oben nach hinten-
unten gerichtet und oben lateralwärts mit einer ovalen Oeffnung versehen ist (Taf. XXV Fig. 2, 4, 10, 11 al), welche
zum Sacculus führt. An der medialen Wand der Lagena, in der Nähe des unteren, blinden und breiteren Endes findet
sich die ovale Papilla ac. lagence (Taf. XXV Fig. 1—3 pl), zu welcher der Ramulus lagen«, in verschiedene Bündel
zerfallend, sich ausbreitet; auf ihr liegt eine kleine Otolithkristallenmasse. Weder an der Lagena noch anderswo
erkennt man hier Spuren einer besonderen Pars basilaris cochlese und deren Ramulus basilaris; dies wichtige Gebilde
ist also beim Proteus nicht abgetrennt; Proteus verhält sich somit in dieser Beziehung wie die Fische.
Wenn man nun noch einen Blick auf die gesammte Gestalt des häutigen Gehörorgans von Proteus wirft,
so findet man dasselbe in die Länge gezogen und, in Uebereinstimmung mit der allgemeinen Gestalt des Schädels, im
ganzen sehr niedrig; die Bogengänge verlaufen wenig gebogen und liegen gegen den Utriculus und die übrigen
Theile niedergedrückt.
Was den feineren Bau des häutigen Gehörorgans von Proteus betrifft, so findet man zuerst die häutige
Wand selbst, wie gewöhnlich, im ganzen dünn, von homogener Structur mit in ihr eingebettet liegenden, verzweigten
Zellen; an den Nervenendstellen, an der Lagena und den Bogengängen ist die Wand etwas dicker und zellenreicher;
mit ihr verbindet sich aussen das Blutgefässe und Zellen führende, aus dünnen Häutchen und , Fasern bestehende
perilymphatische Gewebe (Taf. XXVI Fig. 8 pg). Die Innenfläche der membranösen Wand ist von einem einschichtigen
polygonalen, grosszelligen Plattenepithel überzogen, welches indessen an einigen Stellen modificirt wird.
Am Dache der Ampullen und, als Fortsetzung davon, in den Bogengängen findet sich der als Raphe bekannte
Streifen, an dem die Zellen des Epithels sich stark verschmälern (Taf. XXVI Fig. 7) und erhöhen (Fig. 8 re), wobei
sie sich zugleich von beiden Seiten her schief und dachziegelförmig an einander legen. Dann findet man im
Utriculus, in der Nähe der Oeffnung des Canalis utriculo-saccularis, am Boden und an der medialen Wand, zwischen
den gewöhnlichen Plattenzellen Gruppen einer differenten Zellenart eingestreut, welche im ganzen auch polygonal,
etwas kleiner und mit Ausläufern, zwischen den Plattenzellen einschiessend, versehen ist; diese differenten Zellen
sind aber vor allem dadurch ausgezeichnet, dass sie in ihrem sonst hyalinen Protoplasma sehr zahlreiche, gelblich
glänzende Körner von etwas verschiedener Grösse enthalten (Taf. XXVI Fig. 15 pe). Endlich verändert sich das
Plattenepithel in der Umgebung der Nervenendstellen, indem es sich hier allmählig erhöht und schmaler polygonal
wird, mithin in Cylinderepithel übergeht (Taf. XXVI Fig, 9, 10, 12 e).
Was nun die Nervenendstellen selbst betrifft, so findet man in ihnen, wie gewöhnlich, einen und denselben
Bau, obwohl die einzelnen Endstellen verschiedene Höhe besitzen. Wenn man z. B. einen senkrechten Schnitt
von der Macula utriculi oder sacculi (Taf. XXVI Fig. 10) bei schwacher Vergrösserung betrachtet, findet man der
membranösen Wand zunächst eine Lage dicht stehender, ovaler Kerne, sowie über ihnen einige ähnliche Kerne zer-
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